Reichensteuern: „Es gibt eine Gerechtigkeitslücke“

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bdquoReicheldquo Schieder bdquoEs gibt(c) Fabry
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SPÖ-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder erklärt, warum höhere Steuern vor allem Vermögende treffen werden. Und warum die Beamten ihren Beitrag zur Budgetsanierung leisten müssen.

„Die Presse“: Herr Schieder, wie viele Reiche gibt es in Österreich?

Andreas Schieder: Je nachdem, wie man reich definiert, kommt man zu unterschiedlichen Zahlen.

Wie definieren Sie reich?

Schieder: Großer Reichtum, das sind Leute, die nicht von ihrer täglichen Arbeit leben, sondern von Anlagevermögen, die ihre Besitzstände in Stiftungen geparkt haben, die in großem Stil ihr Geld veranlagt haben. Man muss aber auch sagen, dass diejenigen, die bei der Einkommensteuer in der Spitzenklasse sind, auch schon zu den Reicheren gehören.

Also schon ab rund 60.000 Euro brutto im Jahr.

Schieder: Ja. Aber man muss sich klar sein, dass der ganz große Reichtum außerhalb der Lohnsteuer abgebildet ist.

Und das sind die Leute, die unser Budget retten werden?

Schieder: Es geht nicht nur ums Retten, es geht um Gerechtigkeit. Vor der Krise hat eine kleine Gruppe gut verdient an Spekulationen, an entfesselten Kapitalmärkten. Als es dann eng wurde, hat der Staat einspringen müssen. Es zeigt sich, dass der Gewinn privatisiert wird, der Verlust aber sozialisiert wird. Daher gilt es, bei der Sanierung des Budgets eine gerechte Ausgewogenheit zu entfalten.

In der SPÖ gibt es Ideen, wieder eine Vermögenssteuer einzuführen. Sind Sie dafür?

Schieder: Da gibt es eine intensive Diskussion in der SPÖ – deshalb, weil es eine Gerechtigkeitslücke in dieser Gesellschaft gibt. Weil man sieht, wie aus großen Vermögen schrittweise immer noch größere Vermögen werden, während es in anderen Einkommensklassen nur magere Reallohnzuwächse oder sogar Reallohnverluste gibt.

Das heißt, die Vermögenssteuer soll kommen?

Schieder: Ich glaube, dass wir für dieses Budget klar Kante zeigen im Bereich Bankenabgabe, der Finanztransaktionssteuer oder der Aufhebung der Spekulationsfrist bei Wertpapieren.

Das ist aber noch keine Vermögenssteuer.

Schieder: Das sind vermögensbezogene Steuern, die halte ich für richtig und notwendig. Weitergehende Modelle muss man sich noch ansehen in puncto Treffsicherheit, damit es wirklich die Reichen trifft.

Gegen eine Vermögenssteuer spricht, dass diese Vermögen ja aus bereits besteuerten Einkommen entstanden sind. Warum soll man die noch einmal versteuern?

Schieder: Ich stelle mir eine andere Frage: Tragen alle Schichten und Einkommensklassen in der Gesellschaft gemäß ihrer Leistungsfähigkeit gleich viel bei zur Gesellschaft oder gibt es einige, die relativ weniger beitragen? Meine Aufgabe als Finanzstaatssekretär ist es zu schauen, dass wir das Budget sozial ausgewogen erstellen. Und da gehören die Maßnahmen dazu, die die SPÖ schon im Frühjahr vorgestellt hat. Ich würde mich auch einmal freuen, wenn der Koalitionspartner klar sagen würde, welche Maßnahmen er vorschlägt, anstatt immer nur zu kritisieren.

Das ist ja schon bekannt: Die ÖVP will Ökosteuern.

Schieder: Ja, aber leider hat man uns da nur die Überschrift genannt, nicht die Inhalte.

Könnten Sie mit einer höheren Mineralölsteuer leben?

Schieder: Ich halte nichts von einer Anhebung der Massensteuern, unter welchem Mäntelchen auch immer. Wir haben Maßnahmen vorgelegt, die nicht die Mittelschicht und die kleinen Einkommen treffen. Eine Erhöhung der Massensteuern halte ich nicht nur aus verteilungspolitischen, sondern auch aus konjunkturpolitischen Gründen für nicht sinnvoll.

Die ÖVP sagt, man solle lieber übers Sparen reden als über neue Steuern. Ist das nicht ein berechtigter Einwand?

Schieder: Der Einwand ist berechtigt, nur aus dem falschen Mund. Ich darf erinnern, dass einige SPÖ-Minister – etwa der Verteidigungsminister – schon überlegt haben, wo sie in ihrem Bereich die strengen Einsparungsvorgaben erfüllen, um dann immer von den ÖVP-Kollegen dafür kritisiert zu werden.

Wo kann der Staat sparen?

Schieder: Da fällt mir einiges ein: Bei Förderungen gibt es beispielsweise in der Landwirtschaft oder in der Wirtschaft durchaus Bereiche, wo man einsparen kann, ohne dass Österreich darunter leidet – gerade, wenn man sieht, dass Förderungen nicht an die Kleinbauern gehen, sondern an die Agroindustrie.

Wäre eine Nulllohnrunde bei den Beamten sinnvoll?

Schieder: Die Zuständigkeit liegt bei den Verantwortlichen, bei der Beamtenministerin und bei der Gewerkschaft. Ich glaube, dass wir anerkennen müssen, dass in der Privatwirtschaft ein ganz hoher Druck durch die Krise entstanden ist, während der öffentliche Dienst gute Arbeit leistet, aber natürlich auch ein hohes Maß an Sicherheit hat.

Diese Sicherheit muss etwas wert sein?

Schieder: Die muss etwas wert sein. Es wird die Diskussion zu führen sein, welchen Beitrag der öffentliche Dienst zur Budgetsanierung leistet. Aber auch hier gilt es natürlich, die soziale Ausgewogenheit zu wahren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2010)

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