Der Präsident der Wirtschaftskammer fordert, bei den Ausgaben zu sparen. Er sieht Milliarden-Potenzial in der Verwaltung, beim "Pfuschertum" und im Pensionssystem. Die Grünen werfen ihm "Inkompetenz" vor.
Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl (ÖVP) hat am Samstag seine Forderung unterstrichen, zur Sanierung des Budgets nicht Steuern zu erhöhen, sondern bei den Ausgaben einzusparen. Mit dem verspäteten Budgetbeschluss im Dezember hat er kein Problem, wenn "etwas Gscheites rauskommt". Aktuell vermisse er aber "den Willen dazu", beklagte Leitl am Samstag im Ö1-"Journal zu Gast".
Zahlreiche "bedeutende Leute" - vom Rechnungshofpräsidenten über Wissenschafter bis zur OECD - hätten sich zu Wort gemeldet, aber "wenn niemand das berühmte Ohrwaschel rührt, verzweifle ich". Auch in der ÖVP gebe es Politiker, die sich für den Weg der höheren Steuern aussprechen, weil das der einfachste wäre. Aber "ich bin gegen die einfachsten Wege", bekräftigte der Wirtschaftskammerpräsident. Die einzige Ausnahme ist für ihn die Finanztransaktionssteuer, eine höhere Stiftungssteuer z.B. lehnt er ab.
Sparen bei Bildung, "Pfuschertum", ÖBB, Pensionen
Leitl sieht in der Verwaltung ein Sparpotenzial von sechs Milliarden Euro (davon eine Milliarde in der Schul- und zwei in der Gesundheitsverwaltung), acht Milliarden beim "Pfuschertum" und fünf Milliarden im Pensionssystem. Letztere könnte man jährlich lukrieren, wenn man durch Anreize erreicht, dass die Arbeitgeber um vier Jahre später in Pension gehen. Außerdem verwies Leitl auf die sechs Milliarden Euro für die ÖBB, die jährlich aus dem Steuertopf bezahlt würden.
Mit einem "heißen Herbst" rechnet Leitl nicht. Dass ÖGB-Präsident Erich Foglar zum Thema Lohnverhandlungen erneut Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich aufs Tapet gebracht hat, beeindruckt ihn nicht: "Foglar ist klug genug zu wissen, dass wir im internationalen Wettbewerb bestehen müssen", geht Leitl von einem "moderaten Herbst" mit "fairen Lohnabschlüssen" aus, die die Kaufkraft erhalten.
Grüne: "Inkompetenz"
Scharfe Kritik übte der stellvertretende Grünen-Klubobmann Werner Kogler an den Aussagen Leitls. Er attestiert "wirtschafts- und finanzpolitische Inkompetenz". Leitl übe sich in "Voodoo-Ökonomie", wenn er "nach wie vor behauptet, dass es keine neuen Steuern braucht", um das Budget zu sanieren.
Seitens der ÖVP kamen am Samstag neuerlich Sticheleien gegen die SPÖ. ÖVP-Finanzsprecher Günter Stummvoll warf dem Koalitionspartner vor, "beinahe täglich einen abstrusen Mix aus Steuererhöhungs- und Belastungsvorschlägen" vorzulegen, "die den Mittelstand treffen würden", während man "von Einsparungen keinen Ton" höre.
Terminverschiebung: Opposition uneins
Aber auch in der Opposition herrscht weiterhin keine Einigkeit - und zwar in der Frage, was man angesichts der Verschiebung des Budgetbeschlusses auf den Dezember zu tun gedenkt. BZÖ-Obmann Josef Bucher warf der FPÖ am Samstag in einer Aussendung vor, "auf Zeit zu spielen". Die Oppositionsparteien müssten jetzt "rasch handeln", plädierte er an Freiheitliche und Grüne, gemeinsam mit dem BZÖ Sondersitzungen des Nationalrates einzuberufen.
(APA)