Rund 6200 Frühgeburten finden pro Jahr in Österreich statt. Die Gründe dafür sind vielfältig. Die meisten Kinder holen anfängliche Defizite rasch auf, doch nicht alle Frühchen (über-)leben problemfrei.
Sanft streicht Nurcan Özmen mit dem Finger über den Bauch ihrer Tochter. Vorsichtig gleitet er an der Magensonde vorbei, hinauf zum Gesicht. Die 31-Jährige blickt auf den kirschförmigen Mund, die braunen Augen ihres Kindes – und den Schlauch, der aus der Nase läuft. Noch ist Yaren zu schwach, um allein zu atmen. „Aber sie macht sich“, sagt die Wienerin. Die Blutwerte werden besser, ihr Gewicht mehr, die Schwellungen an Wangen und Füßen schwinden. „Anfangs war es nicht leicht, mein Baby unter der Atemmaske und mit all den Kabeln am Körper zu sehen“, räumt Özmen ein – „doch ich sah, dass sie kämpfte, und jetzt kämpfe ich mit ihr.“
Einfach ist das nicht. Viele Tränen, viele Sorgen begleiten sie. Doch sie hält durch. Seit dem 23. März verbringt sie jeden Tag im Krankenhaus. Familie und Freunde dürfen nur selten zu ihr, die Coronaregeln lassen es nicht zu. Zu riskant. „Es ist okay“, meint Özmen, „vor allem bei meiner Vorgeschichte.“
Unbemerkt krank. Die junge Frau hat bereits drei Fehlgeburten hinter sich. „Bei der ersten dachte ich, das kommt eben vor, bei der zweiten schob ich es auf den Stress“, sagt sie. „Erst bei der dritten wurde eine Schilddrüsenunterfunktion festgestellt, die die Entwicklung der Embryos blockiert hatte.“ Özmen bekam Tabletten und wurde erneut schwanger. „Bis in die 23. Woche verlief alles gut, ich hatte keine Schmerzen, keine Blutungen.“ Beim Organscreening dann der Schock: Der Muttermund war geöffnet – und entzündet.