Interview

Blümel: „Ich sage aktuell ähnliche Sätze wie Kreisky“

Die Presse/Clemens Fabry
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Aufgrund der niedrigen Kapitalkosten macht die ausufernde Staatsverschuldung Finanzminister Gernot Blümel noch keine Sorgen. Wichtig sei es, den Optimismus der Wirtschaft anzukurbeln. Eine Steuerdiskussion daher „grundfalsch“.

Die Presse: Laut Wifo wird das Budgetdefizit heuer 10,3 Prozent betragen. Der schlechteste Wert seit Beginn der Zweiten Republik. Bereuen Sie es schon, dass Sie nicht im Kulturressort geblieben sind?

Gernot Blümel:
Ich glaube, es ist egal, in welchem Ressort man jetzt ist: Man hat die schwierigste Phase in seinem Leben als Politiker. Das betrifft auch die Landesregierungen oder die Gemeinden. Andererseits ist es aber natürlich auch sehr spannend, in einer Zeit, für die es keine Blaupausen gibt, zu versuchen, das Beste zu machen. Und bei aller Kritik, die es gibt: Es ist uns, glaube ich, ganz gut gelungen. Die Hilfen kommen inzwischen nachweislich an. Wir haben seit März um 40 Prozent weniger Insolvenzen als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die Maßnahmen greifen also so gut, dass es weniger ist als in normalen Jahren.

Laut Gläubigerschützern ist das aber ein Problem. Demnach wird eine notwendige Bereinigung der Wirtschaft nur verzögert.

Einen gewissen Nachzieheffekt können wir nicht gänzlich ausschließen, das ist klar. Das Ziel ist jedoch, den Wohlstand über die Krise so gut wie möglich zu erhalten. Und dafür ist es notwendig, dass möglichst viele Unternehmen und die damit verbundenen Arbeitsplätze bestehen bleiben, bis es wirtschaftlich wieder besser wird. 2021 soll es ja wieder ein Wachstum von vier bis 4,5 Prozent geben. Auch in früheren Krisen gab es in der heißen Phase aufgrund der fiskal- und geldpolitischen Interventionen weniger Insolvenzen, die später nachgeholt worden sind – aber halt nur zu einem Teil.

Von Bruno Kreisky gibt es den berühmten Satz: „Ein paar Milliarden Schulden machen mir weniger Sorgen als hunderttausend Arbeitslose.“ Sehen Sie das inzwischen gleich?

Ich sage aktuell ähnliche Sätze wie er. Denn es ist jetzt wichtiger, Unternehmen zu retten, die vor der Krise gesund waren, und vielleicht auch ein paar, die schon vorher Probleme gehabt haben, mitzunehmen, als dass wir Firmen in Insolvenz gehen lassen, die eigentlich gut unterwegs waren. Der Unterschied zur Aussage Kreiskys ist, dass es damals – im Jahr 1979 – ein Wachstum von 5,4 Prozent gab. Jetzt haben wir ein BIP-Minus von sieben bis acht Prozent.

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