Buchhalter wird zum „Digital Translator“ werden

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Finanz. Der Branche steht die große Digitalisierungswelle erst bevor. So werde es den Job des Buchhalters in ein paar Jahren nicht mehr geben, sagt Martin Setnicka. Er warnt auch davor, Digitalisierung als Projekt zu sehen.

Der Covid-19-Lockdown war ein Beschleuniger für die Digitalisierung. Doch mit ihr machten auch viele falsche Bilder die Runde. Etwa dass Digitalisierung lediglich bedeute, das Analoge in ein digitales Format umzuwandeln.

Trotz der vielen Erfahrungsberichte aus dem Digitalen zeige sich auch, dass immer noch viele Steuerberatungskanzleien – egal in welcher Größenordnung sie sich bewegen – ihre Arbeitsweise bislang kaum automatisiert bzw. digitalisiert haben, sagt Martin Setnicka, Leiter des Zertifikatsprogramms Digitalisierungsmanager im Steuer- und Rechnungswesen, das die Campus Wien Academy ab September anbietet. Diese Kanzleien würden noch immer physische Rechnungen und Belege von einem Schreibtisch zum nächsten tragen.

Das hänge, sagt Setnicka, oft damit zusammen, dass vor allem ältere Führungskräfte angesichts der nahenden Pension das Thema Digitalisierung nicht anstoßen wollen. In gewisser Weise sei das auch verständlich, weil Digitalisierung immer auch mit einem großen Aufwand verbunden sei.

Warum es wichtig sei, zu digitalisieren, habe mehrere Gründe: Es vereinfache und beschleunige Abläufe, und die Fehlerquote werde durch die Digitalisierung geringer. All das spare letztlich Kosten.

Überhaupt werde sich die Rolle des Buchhalters ändern, sagt Setnicka, „so wie jetzt wird es den Job in ein paar Jahren nicht mehr geben“. Denn alles, was sich digitalisieren lasse, werde früher oder später auch tatsächlich digitalisiert. Die Aufgabe werde sich zu jener des „Digital Translator“ wandeln. Also zu einer Person, die in der Lage ist, fachliche Anforderungen für die IT-Welt zu übersetzen, und mit Programmierern interdisziplinär arbeiten kann.

Wie für so viele andere Berufsfelder auch müsse Digitalisierungswissen zu Allgemeinwissen werden. Das heißt nicht, dass jeder auch selber programmieren können muss. Doch die Tahttps://www.campusacademy.atx Manager der Zukunft, so wie sie im von Setnicka geleiteten Zertifikatsprogramm ausgebildet werden, würden eben Expertise im Steuerrecht mit Digitalisierungswissen verknüpfen.

Jetzt nicht zu konservativ sein

Während der Corona-Lockdown viele Kanzleien zur Digitalisierung gezwungen hat, fürchtet Setnicka mittlerweile um die Nachhaltigkeit der Digitalisierung: Viele würden jetzt zum „Normalbetrieb“ zurückkehren und digitale Möglichkeiten wie Shared Services nicht nutzen und ausbauen.

Besonders für kleine Kanzleien sei die Digitalisierung eine Herausforderung. Der erste Schritt sei immer eine Bestandsaufnahme, um Klarheit über die Bedürfnisse zu bekommen. Oft sei es hilfreich, einen externen Berater zuzuziehen, sagt Setnicka aus Erfahrung. „Und dann muss man anfangen.“

Das sei deshalb so zu betonen, weil sich viele Unternehmen lang nicht sicher sind, auf welche Software sie setzen wollen, und den Start immer wieder nach hinten verschieben. Und noch etwas: Keine gute Idee sei es, analoge Prozesse 1:1 digital abbilden zu wollen. Vielmehr gehe es darum, was in einem Arbeitsprozess erledigt werden soll.

Apropos Prozess: Eine Warnung spricht Setnicka jedenfalls aus: Digitalisierung sei kein Projekt – das ja immer auch ein geplantes Ende habe. Digitalisierung sei ein Prozess.

Das Zertifikatsprogramm Digitalisierung im Steuer- und Rechnungswesen startet am 8. September und besteht aus acht Modulen. Mehr Information unter https://www.campusacademy.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.07.2020)

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