Paraguay: Doppelmord mit Ungereimtheiten

Mordverdächtiger aus Kärnten könnte Hilfe aus Österreich gehabt haben.

Buenos Aires/Asunción. In Paraguay gehen die Uhren langsamer. Diese Erfahrung machen derzeit die österreichischen Behörden, die versuchen, Klarheit in den Fall jenes Österreichers zu bringen, der verdächtigt wird, ein deutsches Ehepaar ermordet zu haben.

So wusste Österreichs Botschafter in Buenos Aires, zu dessen Amtsbereich auch Paraguay zählt, zwei Tage nach der Festnahme einer mutmaßlichen Komplizin im paraguayischen Ort Ñemby noch nicht, wer diese Person wirklich ist. „Wir versuchen, von den paraguayischen Behörden so schnell wie möglich alle relevanten Daten zu bekommen, aber bislang ist uns das noch nicht gelungen“, sagt Botschafter Robert Zischg.

Tatsächlich sind sämtliche Berichte aus Asunción voller Widersprüche. Am Donnerstag meldeten paraguayische Medien, die Ermittler unter der Leitung des Untersuchungsrichters Humberto Ariel Houdin hätten eine Österreicherin festgenommen, die den Namen Manuela Andrea Grabner trägt. So heißt eine seit 2006 vermisste Kärntnerin, die früher mit dem Mordverdächtigen, dem Zuhälter Sandro Hasner, liiert war und für diesen offensichtlich auch anschaffen musste. Tags darauf wurde berichtet, die im Ort Ñemby festgenommene Frau sei wesentlich älter als die abgängige Grabner, die heute 27 Jahre alt wäre. Angeblich sei die Verhaftete eine 51-jährige Wienerin, die schon seit Jahren in Paraguay lebe. Auffällig ist, dass diese Person den gleichen Namen trägt wie die verschwundene Kärntnerin.

Aufpreis für Einzelzelle

Die Frau wird jedenfalls verdächtigt, etwas mit dem Doppelmord an einem deutschen Auswandererpaar zu tun zu haben, den die Behörden Hasner zur Last legen. Am 3. Juli wurden Eckhard Aparofsky (69) und seine Ehefrau Meike Wenzel (40) in ihrer Villa in Ypacaraí während des WM-Viertelfinales Paraguay–Spanien ermordet. Der Verdacht lautet auf Raubmord, handelte der Deutsche doch mit Immobilien und hatte angeblich einen erheblichen Geldbetrag im Haus. Hasner hat in der Nacht nach der Tat umgerechnet 300 Euro mit der Kreditkarte der Opfer an einem Geldautomaten abgehoben. Weil die Sicherheitskameras sein Gesicht und die Kennzeichen seines Geländewagens aufnahmen, konnte er gefasst werden.

Nun sitzt er in einem Gefängnis in der Hauptstadt Asunción, wo er sich – freilich gegen Aufpreis – den Luxus einer Einzelzelle gönnt, was in Paraguay üblich ist. Am Donnerstag fuhr Jorge Miguel Brunotte, Österreichs Honorarkonsul in Asunción, zu dem Gefängnis, um mit dem Kärntner Kontakt aufzunehmen. Doch dieser zeigte kein Interesse, wie Botschafter Zischg mitteilte.

Nun wird geprüft, ob die existierenden Abkommen zwischen Paraguay und Österreich eine Auslieferung ermöglichen. Der hierzulande wegen schwerer Körperverletzung und Planung eines Mordkomplotts verurteilte Hasner war während eines Freigangs nach Paraguay geflohen. Sollte es allerdings zu einer Mordanklage kommen, stufen die österreichischen Behörden die Wahrscheinlichkeit einer Auslieferung als „äußerst gering“ ein.

Für Hasner interessiert sich auch Christian Martinz vom Kärntner Landeskriminalamt (LKA). Der entflohene Sträfling könnte nämlich auch mit dem Verschwinden einer zweiten Frau aus Kärnten etwas zu tun haben. Das LKA überlegt nun, Hasner vor Ort in Paraguay dazu zu befragen.

AUF EINEN BLICK

Sandro Hasner saß in Österreich im Gefängnis, floh nach Paraguay und wird nun verdächtigt, dort
ein deutsches Paar ermordet zu haben. Nun wurde eine Frau verhaftet, die seine Komplizin sein könnte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.07.2010)

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