Frankreichs Präsident Sarkozy verstieße gegen internationales Recht, wenn er zugewanderte Verbrecher tatsächlich ausbürgern sollte.
Frankreichs Präsident sitzt in der Tinte. Seine Umfragewerte sind miserabel, Affären setzen ihm zu – und deshalb setzt der Ex-Innenminister auf ein bewährtes Mittel und macht einen auf ganz hart: Nicolas Sarkozy will künftig Franzosen ausländischer Herkunft die Staatsbürgerschaft entziehen, wenn sie Polizisten nach dem Leben trachten. Er sagte das in Grenoble, wo vor einiger Zeit Straßenschlachten mit Jugendlichen aus der Migrantenszene getobt hatten.
Eine solche Ansage klingt nach Recht und Ordnung und findet schnell ihr Publikum. Unsinnig und vor allem rechtlich bedenklich ist sie trotzdem. Die Ausbürgerung ist ein Instrument, das eher totalitären Staaten als demokratischen ansteht. Selbst Straftäter haben ein Recht auf ihre Staatsbürgerschaft. Das ist in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 festgehalten.
Der Fall ist klar: Wenn ein zugewanderter Franzose einen Polizisten attackiert, dann soll er dafür verurteilt und bestraft werden, und zwar in Frankreich. Wo sollte er denn hin, wenn ihm die Staatsbürgerschaft entzogen wird? Von seinem Herkunftsland wird er in der Regel keinen Pass mehr haben. Oder soll der Delinquent dann als rechtliches Phantom, als Staatenloser durch die Welt irren? Damit bräche Frankreich internationales Recht: das Abkommen zur Verminderung der Staatenlosigkeit von 1961. Und das ist wirklich nicht notwendig, selbst wenn Sarkozy schlechte Umfragewerte hat. (Bericht: S. 3)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.08.2010)