Ostasien

US-Minister kommt nach Taipeh – China will „hart“ reagieren

Trotzt Chinas Druck: Tsai Ing-wen.
Trotzt Chinas Druck: Tsai Ing-wen.APA/AFP/Taiwan Presidential Offi
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Im amerikanisch-chinesischen Zerwürfnis kocht jetzt auch die Taiwan-Frage wieder hoch, begleitet von militärischem Säbelrasseln.

Taipeh/Wien. Als hätten die USA und China nicht schon genügend Streitfälle angehäuft, spitzt sich auch ihre Fehde um Taiwan gerade wieder zu. Am Sonntag kommt US-Gesundheitsminister Alex Azar zu einer Visite in die Inselrepublik; es ist dies der höchste Besuch eines US-Regierungsvertreters seit 41 Jahren. Zugleich wurde bekannt, dass die USA mit Taiwan über den Verkauf von vier Sea-Guardian-Drohnen verhandeln, was die Aufklärungskapazitäten der Inselstreitkräfte enorm erhöhen würde. Die Regierung in Peking hat schon angekündigt, „auf das Verhalten der Amerikaner mit harten Gegenmaßnahmen“ antworten zu wollen.

US-Präsident Donald Trump heizt inzwischen das amerikanisch-chinesische Zerwürfnis weiter an. Es sei eine Schande, dass Peking die Verbreitung des Coronavirus im eigenen Land gestoppt, aber erlaubt habe, dass es sich im Rest der Welt verbreite: „Was China getan hat, ist schrecklich – ob aus Inkompetenz oder mit Absicht.“ US-Verteidigungsminister Mark Esper wiederum äußerte sich in einem Telefonat mit seinem chinesischen Ministerkollegen Wei Fenghe besorgt über die „destabilisierenden Aktivitäten“ der Volksbefreiungsarmee rund um Taiwan und im Südchinesischen Meer. China müsse sich an internationale Gesetze, Regeln und Normen halten und seinen internationalen Verpflichtungen nachkommen, sagte Esper.

Besuche „auf allen Ebenen“

US-Gesundheitsminister Azar wird in Taipeh auch mit Präsidentin Tsai Ing-wen zusammentreffen. Das US-Repräsentantenhaus hat bereits 2018 in zwei Gesetzesvorlagen zu gegenseitigen Besuchen zwischen den USA und Taiwan „auf allen Ebenen“ ermutigt und das State Departement aufgefordert, Taiwan zu einem Beobachterstatus in der Weltgesundheitsorganisation zu verhelfen. Solche US-Rückendeckung wird nicht mehr möglich sein, nachdem Trump der WHO den Rücken gekehrt hat.

Dass für Taiwan auf Druck der Volksrepublik China alle Türen in die WHO zugesperrt sind, ändert aber nichts an der Tatsache, dass Taiwan zu den Ländern gehört, die die Covid-19-Pandemie bis jetzt am besten im Griff haben.

Die Machthaber in Peking, die Taiwan als eine abtrünnige Provinz Chinas betrachten und schon wiederholt mit einer militärischen „Heimholung“ gedroht haben, warnen die US-Regierung eindringlich davor, die „rote Linie“ zu überschreiten – ohne je zu definieren, wo diese rote Linie verläuft. Genauso wenig hat Außenamtssprecher Wang Wenbin erklärt, was die „harte Gegenmaßnahmen“ Chinas wegen ungehörigen Verhaltens der USA sein könnten.

Taiwan verbittet sich die Kritik aus Peking und lässt sich bisher durch Chinas ständige Drohungen nicht beeindrucken. Erst am Mittwoch hatte das kommunistische Kampfblatt „Global Times“ erneut gewarnt, China werde gegebenenfalls „die militärische Karte“ ausspielen. Die chinesische Luftwaffe und Marine führen ständig Manöver im Umkreis der Inselrepublik durch. Die US-Marine wiederum schickt regelmäßig Kriegsschiffe durch die Taiwan-Straße, um Taipeh die Solidarität der Vereinigten Staaten zu versichern. „Wenn Peking etwas gegen Besuche von US-Ministern in Taiwan hat, dann soll es eben vorher damit aufhören, Militärjets in Taiwans Luftverteidigungszone zu schicken“, heißt es in Washington. Angesichts des wachsenden Drucks der Volksrepublik bemüht sich die Regierung in Taipeh um den Erwerb neuer moderner Waffen aus den USA, um im Ernstfall seine De-facto-Souveränität zu verteidigen.

Weit nach China spähen

Rüstungsverträge über die Lieferung von 108 Abrams-Kampfpanzern, von 66 aufgerüsteten F-16-Kampfjets sowie Panzerabwehrraketen wurden bereits vergangenes Jahr abgeschlossen. Nun will Taipeh auch vier Sea-Guardian-Drohnen in den USA kaufen.

Diese großen Drohnen haben eine Reichweite von 11.000 Kilometern (im Gegensatz zu den 300 Kilometern Reichweite der von Taiwan selbst entwickelten Albatros-Drohnen) und könnten tief in die Volksrepublik China hineinspähen. Theoretisch könnten die Aufklärungsdrohnen auch mit Waffen bestückt werden. Das Drohnengeschäft soll ein Volumen von etwa 600 Millionen Dollar haben. (bloomberg, Reuters, b.b.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.08.2020)

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