Deutschland

Olaf Scholz soll die SPD aus dem 15-Prozent-Tief führen

Olaf Scholz auf einem Archivbild
Olaf Scholz auf einem Archivbildimago images/IPON
  • Drucken

Der Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz wurde von der Parteispitze als Kanzlerkandidat nominiert. Die politische Konkurrenz wird versuchen, einen Keil zwischen ihn und die SPD-Parteiführung zu treiben.

Der deutsche Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz soll die SPD als Kanzlerkandidat in die Bundestagswahl nächstes Jahr führen. Auf Vorschlag der beiden Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans hätten ihn am Montag Präsidium und Vorstand einstimmig nominiert, teilte Scholz per Twitter mit. "Ich freue mich auf einen tollen, fairen und erfolgreichen Wahlkampf in einem starken Team."

"Wir regieren, und das werden wir auch weiter tun. Der Wahlkampf beginnt nicht heute", sagte Scholz später am Montag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit den SPD-Parteivorsitzenden. Die Corona-Pandemie sei noch nicht überwunden.

Esken gab sich im Hinblick auf die Wahl, bei der die derzeitige CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht mehr antritt, zuversichtlich: "Olaf hat den Kanzler-Wumms", äußerte sie per Twitter.

Rot-Rot-Grün als Alternative?

In Umfragen ist die SPD derzeit drittstärkste Kraft hinter Union und Grünen. Die Union hat in der sogenannten Sonntagsfrage im ARD-DeutschlandTrend zuletzt 38 Prozent erreicht. Die Grünen kommen danach auf 18 und die SPD auf 15 Prozent. Damit ist eine Machtoption für die Sozialdemokraten derzeit nicht in Sicht. SPD-Co-Chef Walter-Borjans hatte am Wochenende eine Rot-Rot-Grüne Koalition ins Gespräch gebracht. "Wenn wir eine Bündnisoption mit der Linken ausschlössen, hätten die Verteidiger des Weiter-so und damit der weitergehenden Spaltung der Gesellschaft schon gewonnen", sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Das sähen Scholz, Fraktionschef Rolf Mützenich sowie Esken "gleichermaßen so".

Allerdings hätte ein Bündnis aus SPD, Grünen und Linken momentan keine politische Mehrheit. Esken hatte am Wochenende aber nicht ausgeschlossen, dass die SPD auch als Juniorpartner ein Bündnis mit den Grünen eingehen könnte. Walter-Borjans betonte, die Sozialdemokraten wollten "die führende Kraft in einem Regierungsbündnis werden, das den gesellschaftlichen Zusammenhalt in den Mittelpunkt stellt". Die Große Koalition mit der Union sei dafür keine Grundlage.

Mützenich sagte zur Nominierung von Scholz, dieser habe bewiesen, dass er das Land auch in schwierigen Zeiten führen könne. "Mit großer Konzentration und Reformwillen setzt der Sozialdemokrat Olaf Scholz die richtigen Schwerpunkte, damit Deutschland sozial gerecht und wirtschaftlich stark bleibt." Auch Ex-Kanzler Gerhard Schröder lobte Scholz als gute Wahl. "Die Nominierung von Olaf Scholz ist eine gute Entscheidung zur richtigen Zeit", sagte Schröder dem "Handelsblatt". "Ich bin sicher, dass er ein gutes Team um sich herum bilden wird." Schröder war von 1998 bis 2005 deutscher Bundeskanzler.

Welchen Kurs schlägt die SPD ein?

Grünen-Geschäftsführer Michael Kellner erklärte per Twitter: "Seine Nominierung kommt wenig überraschend und sehr früh." Er sei auf die Ideen von Scholz für eine sozial-ökologische Wende gespannt. Linken-Fraktionschef Dietmar Barsch pochte auf einen politischen Kurswechseln bei einem Bündnis mit der SPD. "Große Steuerreform, nachhaltige Rentenreform, entschlossener Kampf gegen Kinderarmut wird nur mit einer starken Linkspartei, gern auch mit Olaf Scholz, funktionieren", erklärte er auf Twitter.

FDP-Chef Christian Lindner zeigte sich verwundert über das Koalitionsangebot der SPD-Spitze an die Linke und auf der anderen Seite die Nominierung von Scholz: "Respektabel ist er, aber die Strategie erscheint noch rätselhaft", twitterte er.

Zuletzt hatten sich die Hinweise verdichtet, dass bei der Suche nach einem Kanzlerkandidaten oder einer Kanzlerkandidatin die Wahl auf Scholz fallen würde. Er war bei der Mitgliederbefragung zur neuen SPD-Führung im vergangenen Jahr mit seiner Partnerin Klara Geywitz dem Duo Esken und Walter-Borjans knapp unterlegen. Während die Parteivorsitzenden für eine linke Ausrichtung der SPD stehen, vertritt Scholz den konservativeren Teil der Partei.

"Wir wissen, dass diese Entscheidung für einige eine unerwartete Wendung darstellt", schrieben Esken und Walter-Borjans am Montag. "Wir bitten um Vertrauen in unseren Weg."

Die SPD „ist bereit"

Die beiden Vorsitzenden berichteten, sie hätten den deutschen Vizekanzler seit ihrem Amtsantritt "als einen verlässlichen und am Team orientierten Partner erlebt, der für sozialdemokratische Politik für dieses Land kämpfen kann und will und der mit uns die Vision einer gerechten Gesellschaft teilt".

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil schrieb auf Twitter, das "enge Team aus Partei, Fraktion, Regierung und nun auch Kandidat ist perfekt". Die SPD sei bereit - "und ich hab richtig Bock auf Wahlkampf 2021".

(APA/AFP/Reuters)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.