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„Viele haben Angst zu tanzen“

Karin Cheng fühlte sich als Kind in Salzburg ausgeschlossen: „Niemand hat mir gesagt, dass es okay ist, wenn man mit Stäbchen isst.“
Karin Cheng fühlte sich als Kind in Salzburg ausgeschlossen: „Niemand hat mir gesagt, dass es okay ist, wenn man mit Stäbchen isst.“(c) ImPulsTanz/TimCavadini
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Voguing ist inspiriert von Modelposen und Kampfkunst. Workshop-Leiterin Karin Cheng über Ausgrenzung, Gratiskurse für Flüchtlinge und ihre Inspirationsquelle Tai Chi.

Karin Cheng kommt mit dem Tretroller zum Interview. Man könnte sie glatt für einen Teenager halten, so jung sieht sie aus. Das mag an ihren asiatischen Wurzeln liegen. Und an ihrer Berufung, die sie trotz abgeschlossenem Architekturstudium nicht an den Zeichentisch, sondern ins Tanzstudio zog. „Ich bin schon ziemlich früh zum Tanzen gekommen, weil ich mich sehr für Musik interessiert habe“, erzählt Cheng.

Mit einem Hiphop-Kurs in ihrer Heimatstadt Salzburg fing es an. Als Au Pair lernte sie Waacking kennen – einen in der LGBT-Szene der 1970er-Jahre entstandenen Tanzstil. In Wien belegte sie Kurse bei Romy Kolb (die ImPulsTanz-Workshops für House und Hiphop leitet) – bis einmal Katrin Blantar supplierte. Die steckte Cheng mit dem Voguing-Fieber an und richtet nun drei Workshops mit ihr gemeinsam aus (18., 26. und 30. 8.). Getanzt wird zu House-Musik, „denn das gehört zum Voguing dazu“. Kommen kann jeder. Der sich traut. „Meine Erfahrung ist, dass viele Menschen Angst haben zu tanzen. Sie denken, Tanz sei etwas Schwieriges, Intimes. Man will sich nicht blamieren. Das ist schade.“

Cheng hingegen tanzt ausgiebig und gern. „Ich bin generell fasziniert von vielen Tanzstilen, vor allem aus der afroamerikanischen Kultur“, sagt sie. In New York vertiefte sie ihre Kenntnis und ihre Liebe zum Voguing, dessen Wurzeln bis ins Harlem des 19. Jahrhunderts reichen. 1869 fand dort der erste Drag-Ball statt – eine Szene-Party, bei der sich Homosexuelle gefahrlos treffen konnten. Erst später standen die Events unter Beobachtung: Die Sittenwächter des Committee of Fourteen (die auch gegen Alkoholkonsum vorgingen) veröffentlichten ab 1916 nicht weniger als 130 Berichte. Unter anderem ist darin von „männlichen Perverslingen“ in „teuren Kitteln und Perücken“ die Rede, die „aussehen wie Frauen“. Der Mainstream war dagegen.

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