Snapback-Mechanismus

USA reichen bei UNO Antrag zu Iran-Sanktionen ein

US-Außenminister Mike Pompeo.
US-Außenminister Mike Pompeo.APA/AFP/POOL/MIKE SEGAR
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Damit soll der sogenannte Snapback-Mechanismus zur erneuten Verhängung von UN-Sanktionen gegen den Iran in Gang gesetzt werden. Dem UN-Sicherheitsrat droht nun eine Krise.

Die USA haben wie angekündigt versucht, einen umstrittenen Mechanismus zur Wiedereinsetzung von UN-Sanktionen gegen den Iran zu aktivieren. US-Außenminister Mike Pompeo reichte am Donnerstag beim Vorsitz des UN-Sicherheitsrates in New York einen Brief ein, in welchem Teheran "bedeutende" Verstöße gegen das internationale Atomabkommen von 2015 vorgeworfen werden.

Damit werde der sogenannte Snapback-Mechanismus zur erneuten Verhängung von UN-Sanktionen gegen den Iran in Gang gesetzt. Der Ausgang der Prozedur ist allerdings offen: Es ist umstritten, ob die USA den Mechanismus überhaupt aktivieren dürfen. Der Vorsitzende des UN-Sicherheitsrats, derzeit der indonesische UN-Botschafter Dian Triansyah Djani, könnte den US-Antrag theoretisch zu den Akten legen.

Das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen hatte vergangene Woche eine Resolution der USA zur Verlängerung des UN-Waffenembargos gegen den Iran abgelehnt, das im Oktober ausläuft. Die USA, die im Mai 2018 einseitig aus dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen waren, wollen eine zeitlich unbegrenzte Verlängerung des Embargos erreichen.

Beim Snapback (deutsch: Zurückschnappen) handelt es sich um eine Möglichkeit für die Staaten des Atomabkommens von 2015, iranische Regelverstöße vor dem Sicherheitsrat anzuprangern. Damit kann innerhalb von 30 Tagen die Wiedereinsetzung aller UN-Sanktionen aus der Zeit vor der Einigung erzwungen werden - ohne, dass andere Mitglieder dies mit einem Veto verhindern könnten.

Meisten Länder gegen US-Vorgehen

Die US-Regierung argumentiert, sie sei weiter dazu berechtigt, weil sie an der UN-Resolution zum Atomabkommen aus dem Jahr 2015 beteiligt gewesen sei. Die meisten anderen Mitgliedstaaten des UN-Sicherheitsrates, einschließlich der europäischen Staaten, sind allerdings der Auffassung, dass die USA dazu nicht befugt sind.

US-Präsident Donald Trump hatte den Kurs gegen den Iran nach seinem Amtsantritt drastisch verschärft. Unter seiner Führung stiegen die USA aus dem Atomabkommen aus und verhängten massive Sanktionen gegen Teheran.

Sicherheitsrat droht Krise

Dem mächtigsten UN-Gremium droht nun eine Krise. Eine Wiedereinsetzung aller UN-Sanktionen würde das faktische Ende des Regelwerks bedeuten. Das wollen die übrigen Mitglieder der Verhandlungsgruppe - darunter Deutschland, Frankreich und Großbritannien - verhindern. In dem Brief, der der Deutschen Presseagentur vorliegt, schreibt Pompeo von einer "erheblichen Nichterfüllung" des Iran im Atomabkommen. Mit dem Schreiben sei der Snapback "eingeleitet".

Die Amerikaner sind der Auffassung, dass für den Snapback die Nennung der USA in der UN-Resolution ausreicht, die das Atomabkommen in internationales Recht übersetzt. Die meisten Länder im Sicherheitsrat und auch die EU sehen das aber anders. Ein mit nur zwei von 15 Stimmen abgeschmetterter Vorschlag der Amerikaner für eine Verlängerung des Waffen-Embargos für den Iran zeigte, dass die USA bei dem Thema im Sicherheitsrat weitgehend isoliert sind.

Gelten dann alte Sanktionen gegen Iran?

Der Streit könnte zu einer Spaltung bei der Frage führen, ob die alten Sanktionen gegen den Iran nun wieder gelten oder nicht. Westliche Diplomaten kündigten an, die meisten Mitglieder könnten einen von den USA ausgelösten Snapback faktisch ignorieren. Dies wiederum könnte im Rat auch zu transatlantischen Verwerfungen und einer Krise führen. Die Anrufung des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag scheint dagegen unwahrscheinlich.

Das festgelegte Prozedere besagt, dass der Sicherheitsrat nach dem Auslösen des Mechanismus eine Frist von 30 Tagen hat, um das "Zurückschnappen" der Sanktionen zu verhindern - dies wiederum könnte von einer Vetomacht wie den USA aber verhindert werden. Experten vermuten momentan, dass es bis Mitte September - bis die 30 Tage vorbei sind und der Snapback aus US-Sicht vollendet sein müsste - wenig Bewegung gibt. Vielschichtige Dynamiken hinter den Kulissen könnten die Lage aber verändern.

Die UN-Vetomächte USA, China, Russland, Frankreich und Großbritannien sowie Deutschland und der Iran hatten sich 2015 in Wien auf das Abkommen geeinigt, das Teheran eine friedliche Nutzung der Kernkraft gestattet, aber die Entwicklung von Atomwaffen verwehrt. Es stellte die iranische Atomindustrie unter Kontrolle und sagte den Abbau westlicher Wirtschaftssanktionen zu. Trump ist seit Jahren gegen den Atomdeal. Ihm dürfte der Snapback für seine Kampagne des "maximalen Drucks" auf Teheran vor der Präsidentenwahl im November gut passen.

Teheran droht mit Rückzug

Viele Diplomaten sehen ein auslaufendes Waffenembargo gegen den Iran als kaum verhohlenen Vorwand der USA dafür, das von Trump verschmähte Abkommen aus Zeiten der Obama-Regierung ein für alle Mal aus den Angeln zu heben. Als Washington mit der Verlängerung des Embargos, das gemäß dem Atomabkommen ab 18. Oktober nicht mehr gilt, scheiterte, kündigte es als Konsequenz den Snapback an.

Teheran droht für den Fall der Wiedereinsetzung der Sanktionen mit einem Rückzug. Außenminister Mohammed Dschawad Sarif sagte, er erwarte von der UN und dem Sicherheitsrat, "dass sie diese Meuterei der US-Regierung unterbinden, um negative Auswirkungen auf internationale Zusammenarbeit sowie das Ansehen des UN-Sicherheitsrats zu verhindern".

(APA/AFP/dpa)

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