Buchbesprechung

„Atemlos“: Schauriges und Schlichtes

(c) Picus Verlag
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In seiner feinen Kurzgeschichtensammlung „Atemlos“ ist Stefan Slupetzky für die eine oder andere Überraschung gut.

Der österreichische Autor Stefan Slupetzky liebt die „kleine Form“, wie Kurzgeschichten gern etwas despektierlich genannt werden. Dabei ist daran nichts „klein“. Die besten „Short Stories“ – so der Untertitel von Slupetzkys jüngster Sammlung „Atemlos“ – sagen mit wenigen Worten mehr als so mancher „große“ Roman.

Dieses Kunststück gelingt Slupetzky diesmal allerdings nicht durchgehend. Die Geschichten in „Atemlos“, durch keinerlei erkennbaren roten Faden verbunden, schwanken etwas in ihrer Überzeugungskraft. Vor allem dort, wo Slupetzky den Zeigefinger erhebt, um auf die Irrungen und Wirrungen einer kapitalistischen, selbstoptimierenden Gesellschaft hinzuweisen, tendiert er zum Klischee. Das zeigt gleich die erste Geschichte, „Johanns Arche“, in der Gott als altes, etwas mühsam „jiddelndes“ Männlein auftritt.

Seine literarischen Stärken und seinen schwarzen Humor kann Slupetzky dort ausspielen, wo er einfach mit Genuss erzählt. Das gilt nicht nur für das Terrain, auf dem sich der Schöpfer der „Lemming“-Romane zu Hause fühlt, wie „Westend Story“: Ein Wiener Privatdetektiv wird von einem Wiesbadener Wirtschaftsberater angeheuert, um dessen vermeintlich entführte Tochter zu suchen. Natürlich ist nichts, wie es scheint.

Slupetzky überrascht aber auch bei anderen Genres, etwa der Schauergeschichte. „Das gefangene Herz“ erzählt, was zwei Buben in einem verbotenen Turmzimmer ihres Internats finden. Edgar Allan Poe lässt grüßen – und der war immerhin ein Großmeister der „kleinen Form“. DO

Stefan Slupetzky: „Atemlos – Short Stories“, Picus Verlag, 176 Seiten, 20 Euro

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.08.2020)

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