Interview

Maria Kolesnikowa: „Einen Diktator kann man nicht an einem Tag besiegen“

(c) APA/AFP/SERGEI GAPON (SERGEI GAPON)
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Die weißrussische Oppositionsaktivistin Maria Kolesnikowa spricht über den langen Atem der dezentralen Proteste, den Unterschied zwischen ausländischer Unterstützung und Einmischung – und über die zermürbende Repression.

Die Presse: Am Sonntag fand erneut eine sehr große Kundgebung der Bürgerbewegung gegen den Wahlbetrug bei der Präsidentenwahl statt. Am Abend sah man Videos von Alexander Lukaschenko, wie er mit einem Sturmgewehr seine Residenz gegen friedliche Demonstranten sichert. Was drückt sein Verhalten Ihrer Ansicht nach aus?

Maria Kolesnikowa: Lukaschenko behauptet, dass 80 Prozent der Belarussen für ihn gestimmt haben. Warum kann er dann nicht mit diesen Belarussen ein normales Gespräch führen, sondern muss sich im Zentrum von Minsk hinter Stacheldraht und schwer bewaffneten Einsatzkräften mit einer Kalaschnikow verteidigen? Es ist klar, dass er absolut verstört ist. Seine Realität ist eine andere als die auf den Straßen. Er will nicht anerkennen, was in Belarus wirklich passiert. Kein einziger Bürger lässt sich von seinem Verhalten einschüchtern.

In den vergangenen Tagen ist allerdings eine Verschärfung der Lage zu beobachten: Lukaschenko verweigert den Dialog, Ermittlungen gegen den Koordinierungsrat – dem auch Sie angehören – wurden eingeleitet. Mehrere seiner Mitglieder wurden verhaftet. Wie wollen Sie unter diesen Umständen weitermachen?

So, wie wir seit drei Monaten arbeiten. Seit drei Monaten wird Druck auf uns ausgeübt. Ein Teil unserer Kollegen befindet sich in U-Haft oder im Gefängnis. Das ist unsere Realität.

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