Kulinarik

Die Gralshüterin des Speckknödels

Maria Drewes kocht noch täglich.
Maria Drewes kocht noch täglich.Thomas Boehm / TT
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Es ist Maria Drewes zu verdanken, dass man überhaupt von der Tiroler Küche weiß.

Verraten wir das Geheimnis der Tiroler Küche gleich zu Beginn: Butterschmalz. Alles schmeckt besser, wenn es in Butterschmalz herausgebraten ist: Schnitzel, Röstkartoffeln, Krautkrapfen. Wahrscheinlich sogar Erdbeeren, aber das hat noch niemand ausprobiert.
Niemand weiß in Tirol mehr über die richtige Verwendung von Butterschmalz als Maria Drewes. Wenn es eine Gralshüterin der Tiroler Küche gibt, mehr oder weniger von Speckknödel und Gröstl, dann ist es die mittlerweile 86-Jährige. „So wichtig seh i mi nit“, sagt sie bescheiden. Doch, genau so wichtig ist sie.

Bevor Maria Drewes Rezepte gesammelt hat, beschränkte sich das Wissen über das Tiroler Essen auf ein paar Arme-Leute-Gerichte. Das Gröstl etwa, ein reines Restlessen. Mittlerweile serviert man es auch in Haubenrestaurants, und dazu hat Drewes beigetragen. 1973 erschien im Tyrolia-Verlag das Buch „Tiroler Küche“ mit mehr als 400 Rezepten, die Drewes in ihrer Zeit als Landwirtschaftslehrerin in den 1950er-Jahren und später als Leiterin der Hauswirtschaftsabteilung der Landwirtschaftskammer unterrichtete und kennenlernte. Damals reiste sie durch alle Teile Tirols, um den Bäuerinnen und der Landjugend unter anderem Haushaltsführung und Kochen beizubringen. Es waren Gerichte aus dem Tiroler Oberland, dem reicheren Unterland und dem armen Osttirol („Die haben in den 1960er-Jahren fast nur von Kraut und Gerste gelebt“).

Das Buch, als einfaches Nachschlagewerk gedacht, wurde schon im ersten Jahr zum Bestseller. Mittlerweile hat es sich fast 90.000 Mal verkauft, dazu kommen noch Übersetzungen in verschiedene Sprachen.
Maria Drewes ist trotz des Erfolgs bescheiden geblieben. Ihre Küche in Ampass unweit von Innsbruck hat nicht die Dimension einer Kathedrale und ist auch nicht, wie man es von Spitzenköchen kennt, in Nirosta und Marmor ausgelegt. Es ist eine unspektakuläre, einfache Küche mit einer simplen, langen Holzarbeitsplatte und einem Elektroherd. „Das ist ideal für mich“, sagt Drewes.

Vor vielen Jahren besuchten wir Drewes und ihren Mann, der mittlerweile verstorben ist, in Ampass und kochten für die Serie „360 Grad Österreich“ in der „Presse am Sonntag“ gemeinsam Gröstl. Eigentlich glaubten wir, uns an Speckknödeln versuchen zu müssen, aber das wollte Maria Drewes dem Anfänger nicht zumuten. Denn gute Speckknödel zu machen ist aufwendig. Man stehe schnell einen halben Tag in der Küche. Außerdem benötige man altes Brot, weil das im Supermarkt gekaufte Knödelbrot viel zu viel Wasser bei der Zubereitung benötige.

Apropos: Maria Drewes sprach schon von Nachhaltigkeit und Regionalität, als Klimawandel und lange Transportwege noch kein Thema waren und man auch in Tirol glaubte, den kulinarischen Himmel mit einem Besuch in einem Chinarestaurant erreicht zu haben. Die Zutaten für die Tiroler Rezepte bekommt man bei jedem Bauern. „Es geht schließlich um Nachhaltigkeit, dass man mit dem kocht, was uns das Land rund um uns gibt.“

Auch heute noch kocht Maria Drewes mit ihren 86 Jahren jeden Tag – „halt etwas Einfaches für mich“. Zwei, drei Mal die Woche kocht sie für ihre Kinder, für Verwandte oder Freunde – das ist dann schon „a bissl etwas Gescheiteres“. Sie kann ja auf mehr als 400 Rezepte zurückgreifen.

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