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Mitreden beim Coronavirus: Ist eine Erkältung ein Grund daheim zu bleiben?

Der sogenannte „Präsentismus“ im Job wurde schon vor Corona kritisiert. Aber soll man jetzt bei jedem Schnupfen daheim bleiben bzw. die Kinder nicht in die Schule schicken? Diskutieren Sie mit!

Einmal wird es noch sommerlich warm, aber der Herbst nähert sich mit großen Schritten. Und mit ihm startet wohl auch wieder die Erkältungssaison. Doch die telefonische Krankmeldung ist seit 1. September nur mehr für Menschen mit Corona-Symptomen möglich. Dass die Maßnahme nicht generell verlängert wurde, stößt vor allem im Gesundheitsbereich auf Unverständnis. Für Patientenanwalt Gerald Bachinger ist es "ein vollkommen falsches Signal“. Schließlich habe die telefonische Krankmeldung, die im Frühjahr eingeführt wurde, gut funktioniert.

Die „Presse"-Leser sind in der Frage übrigens gespalten:

Einerseits gibt es natürlich Arbeitnehmer, die „blau machen“, andererseits kommt auch oft das Gegenteil vor: Übertriebenes Verantwortungsgefühl oder prekäre Beschäftigungsverhältnisse treiben viele trotz Krankheit an den Arbeitsplatz. Sie stecken andere an, sind oft nicht leistungsfähig genug oder verschleppen die Krankheit. Dass der sogenannte „Präsentismus" auch für die Bilanz des Unternehmens nicht gut ist, ist das Ergebnis einer Studie der Universität Klagenfurt. Fakt ist: In Österreich waren unselbstständig Beschäftigte 2019 im Schnitt 13,1 Tage im Krankenstand. Fast eine Woche weniger als in den 1980er-Jahren.

Zu Beginn der Coronakrise meinte Wirtschaftsredakteur Matthias Auer daher auch in in einer Kolumne: „Viele Menschen lernen erstmals eine einfache Lektion: Wer krank ist, bleibt zu Hause, um nicht den Rest der Belegschaft auch noch anzustecken.“

Doch auch aus anderer Perspektive gibt es beim Thema Krankenstand einiges zu bemängeln. Jurist Philipp Maiernennt in einem Gastkommentar etwa das Informationsgefälle. Er meint damit, dass Arbeitgeber kaum etwas wissen. Er spricht sich daher für eine verpflichtende Angabe der „voraussichtliche Dauer des Krankenstandes“ sowie eine ärztliche Pflicht, „die Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers während des Krankenstandes und die erlaubten Ausgehzeiten ausdrücklich festzuhalten."

Doch wann ist man krank? Schon bei einem Schnupfen? Oder erst mit erhöhter Temperatur. Diese Frage treibt derzeit auch viele Eltern um. Denn bald startet die Schule. Ab 37,5 Grad Körpertemperatur sei vom Schulbesuch definitiv abzusehen, erklärte nun Familienministerin Christine Aschbacher (ÖVP). Sie fügte aber auch hinzu: Es wäre unrealistisch von den Eltern zu verlangen, ihre Kinder wegen eines Schnupfens nicht in die Schule zu schicken. Schließlich würden viele Covid-19-Erkrankungen bei Kindern ohnehin symptomfrei verlaufen.

(sk)

Diskutieren Sie mit: Gibt es in Österreich ein Problem mit „Präsentismus"? Ist es angesichts der Coronakrise unsolidarisch, mit einem Schnupfen in die Arbeit zu gehen? Oder ist es unfair, bei jedem Wehwechen daheim zu bleiben? Welche Regeln sollten für Kinder gelten? Und: Wann bleiben Sie daheim und hat Covid-19 daran etwas geändert?

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