Nord Stream 2

Ukrainischer Botschafter fordert Embargo für russisches Gas und Öl

In den nächsten Jahren will Russland Lieferungen über die Ukraine zurückfahren und stattdessen mehr Gas durch die Ostsee direkt in die EU führen.
In den nächsten Jahren will Russland Lieferungen über die Ukraine zurückfahren und stattdessen mehr Gas durch die Ostsee direkt in die EU führen.REUTERS
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Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, fordert ein Embargo für Öllieferungen wegen der Vergiftung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny.

Berlin. Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hat ein dreimonatiges Embargo für Gas- und Öllieferungen aus Russland als Reaktion auf die Vergiftung des Kreml-Kritikers Alexej Nawalny gefordert. „Es ist an der Zeit, den Kreml-Herrn endlich mit einer heftigen Antwort zu überraschen“, sagte er.

Der auch von einigen deutschen Politikern geforderte Baustopp der Gaspipeline Nord Stream 2 reiche nicht aus. Stattdessen müssten alle Importe von Öl, Gas und anderen wichtigen Rohstoffen gekappt werden, „um dem Putin-Regime die wichtigste Einnahmequelle für seine aggressive Politik zu entziehen“.

Russisches Öl soll Ukraine umgehen

Zusätzlich forderte Melnyk einen Stopp aller europäischen Investitionen in Russland. „Der perfide Giftanschlag auf Nawalny mit chemischen Vernichtungswaffen ist nicht nur eine unverhüllte Morddrohung an alle Putin-Kritiker. Er ist ein Schlag ins Gesicht der Kanzlerin, Bundesregierung und deutschen Öffentlichkeit, die bewusst gedemütigt worden sind“, sagte der Botschafter. Der russische Präsident Wladimir Putin habe klar gezeigt, dass ihm die bisherige Reaktion aus Berlin ganz egal sei.

Die Ukraine profitiert von russischen Gaslieferungen nach Europa, indem sie Durchleitungsgebühren von Moskau kassiert. In den nächsten Jahren will Russland die Menge aber zurückfahren und stattdessen mehr Gas durch die Ostsee direkt in die EU liefern. Die Ukraine gehört deshalb auch zu den Gegnern der noch im Bau befindlichen Pipeline Nord Stream 2.

In der Diskussion um Konsequenzen aus dem Giftanschlag forderte die deutsche Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt einen sofortigen Stopp von Nord Stream 2. „Die Bauarbeiten an der Pipeline in Mecklenburg-Vorpommern müssen sofort eingestellt werden und die Bundesregierung muss jetzt einen wasserdichten Weg aufzeigen, wie das Projekt beendet werden kann“, sagte Göring-Eckardt den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montagsausgabe).

Außerdem forderte die Grünen-Politikerin Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) auf, seine Tätigkeit für das russische Staatsunternehmen Gazprom aufzugeben. „SPD-Alt-Kanzler Schröder muss sich jetzt entscheiden, ob er auf der Seite der Demokratie und der Menschenrechte steht“, sagte Göring-Eckardt. Auch der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Johann Wadephul (CDU), sagte dem „Tagesspiegel“ (Sonntagsausgabe), Schröder müsse „umgehend seine Ämter und Posten in Russland aufgeben“.

Gerhard Schröder als Lobbyist kritisiert

Schröder ist Präsident des Verwaltungsrates der Nord Stream 2 AG, bei der der russische Energiekonzern Gazprom formal einziger Anteilseigner ist. Kritiker werfen ihm vor, in seiner Position Lobbyarbeit für den Kreml zu betreiben. An dem Pipelineprojekt ist auch die österreichische OMV beteiligt. Ex-Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) gab im März 2018 eine Beratertätigkeit für die Gazprom rund um Nord Stream 2 an.

Nawalny war vor mehr als zwei Wochen bei einem Inlandsflug in Russland unter heftigen Schmerzen ins Koma gefallen. Zunächst wurde er in einem Krankenhaus in Sibirien behandelt. Nach internationalem Druck und auf Drängen seiner Familie wurde er dann in die Berliner Universitätsklinik Charité verlegt. Die deutsche Bundesregierung hatte nach Untersuchungen eines Speziallabors der Bundeswehr mitgeteilt, dass eine Vergiftung mit dem militärischen Nervenkampfstoff aus der sogenannten Nowitschok-Gruppe zweifelsfrei erwiesen sei. Russland bestreitet, in die Vergiftung des 44 Jahre alten Oppositionellen verwickelt zu sein. (APA/mad.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2020)

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