Seuche

Schweinepest schreckt nun auch Deutschland auf

In der Nähe der polnischen Grenze wurde der Kadaver des infizierten Wildschweins gefunden.
In der Nähe der polnischen Grenze wurde der Kadaver des infizierten Wildschweins gefunden.REUTERS
  • Drucken

Für Menschen ungefährlich, für Schweine fast immer tödlich: Die Schweinepest hat Deutschland erreicht. Für die Fleischwirtschaft ist das ein harter Schlag.
 
 

Berlin. Ganz im Osten der Republik herrscht ein bisschen Ausnahmezustand. Über ein Gebiet mit einem Radius von drei Kilometern wurde ein Betretungsverbot verhängt. Es wird großflächig desinfiziert. Und in einem Umkreis von 15 Kilometern ist Jagen strikt untersagt, um ja keine Wildschweine aufzuschrecken. Selbst ein Verbot der Maisernte wird erwogen.

Denn dort, im Landkreis Spree-Neiße, nur ein paar Kilometer von der polnischen Grenze entfernt, wurde ein Wildschweinkadaver gefunden. Drei positive Proben schafften Gewissheit: Das Tier war mit der Afrikanischen Schweinepest (ASP) infiziert. Die Seuche hat damit Deutschland erreicht. Und nun greifen Notfallpläne, um ihre Verbreitung zu verhindern. Für Menschen stellt das Virus keine Gefahr dar, selbst der Verzehr von kontaminiertem Fleisch ist unbedenklich. Nur für Schweine verläuft eine Infektion mit dem hoch ansteckenden Erreger meistens tödlich; neun von zehn Tiere sterben.

Der erste bestätigte ASP-Fall ist für die deutsche Fleischindustrie ein harter Schlag. Die Republik zählt zu den weltweit größten Exporteuren von Schweinefleisch. Das belegen die nackten Zahlen: Allein im Vorjahr wurden 2,4 Millionen Tonnen Schweinefleisch jenseits die Grenzen geliefert. Vor allem die Ausfuhren ins Nicht-EU-Ausland sind nun in Gefahr. Denn Deutschland hat den Status „seuchenfrei“ verloren. China quittiert das in der Regel mit einem Importstopp. Das wäre schmerzhaft, weil das Reich der Mitte der wichtigste Abnehmer von deutschem Schweinefleisch ist, die Ausfuhren dorthin zuletzt gestiegen sind und auf asiatischen Märkten Teile des Schweins als Delikatesse gelten, die in Europa niemand isst. Schweinefüße, Ohren, Schwänzchen und Knochen zum Beispiel.

Schon am Donnerstag hat Südkorea als erstes Land die Einfuhr von Schweinefleisch aus der Bundesrepublik untersagt. Die Koreaner haben 2019 selbst einen Ausbruch der Schweinepest erlebt. 14 Fälle wurden nachgewiesen und 145.000 Schweine geschlachtet, um das Virus einzudämmen.

Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) erklärte am Donnerstag, dass der Handel innerhalb Europas aber weitgehend aufrechterhalten werden könne. Einschränkungen werde es nur für Schweinehalter geben, die in einem Restriktionsgebiet liegen. Und Klöckner warnte vor Panikmache. Sie sagte: „Es ist ein Wildschwein gefunden worden in einem Landkreis.“

„Brauchen wildschweinfreie Zone“

Zu den drängenden Fragen zählt nun, ob es sich tatsächlich nur um einen Einzelfall handelt oder sich die Schweinepest in Deutschland schon ausgebreitet hat. Eine Antwort darauf gab es am Donnerstag noch nicht. Das tote Tier sei jedenfalls schon stark verwest gewesen, erklärte Thomas Mettenleiter, Chef des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI), das die Infektion nachgewiesen hatte. Mettenleiter verwies zugleich darauf, dass es auch anderen Ländern gelungen sei, wieder seuchenfrei zu werden. Tschechien und Belgien zum Beispiel, die 2017/2018 rigorose Maßnahmen ergriffen hatten.

Der Präsident des Deutschen Bauernverbands, Joachim Rukwied, forderte eine konsequente Bejagung von Schwarzwild und einen stabilen Zaun. „Wir brauchen zwingend eine wildschweinfreie Zone an der polnischen Grenze“, sagte er. Tatsächlich war auch im betroffenen Gebiet Berichten zufolge ein fixer Zaun geplant, aber noch nicht gebaut. Einen mobilen Elektrozaun gibt es entlang der polnischen Grenze aber bereits.

Der Fall kommt nicht aus heiterem Himmel: Im März war in Polen ein an der Pest gestorbenes Wildschwein etwas mehr als zehn Kilometer vor der deutschen Grenze entdeckt worden. Als Ursache für die Verbreitung der Schweinepest in Europa vor allem über längere Entfernungen wird achtloses Wegwerfen von Speiseabfällen vermutet. Das deutsche Agrarministerium ruft deshalb bereits seit Jahren unter anderem Autofahrer aus Osteuropa zur Vorsicht auf. (red./ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.09.2020)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Tierseuche

Südkorea verbietet Schweinefleisch-Import aus Deutschland

In China hat die Afrikanische Schweinepest 2018 zu einem massiven Importanstieg von Fleisch aus Deutschland geführt. Mittlerweile ist die Tierseuche aber auch dort angekommen - Südkorea reagiert mit einem Importverbot.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.