Belarus

Alexander Lukaschenko im Zangengriff des Kreml

imago images/Russian Look
  • Drucken

Der russische Präsident Wladimir Putin sagt Minsk Kredite im Rahmen von eineinhalb Milliarden Dollar zu. Die Unterstützung könnte aber noch teuer werden.
 
 

Moskau/Sotschi. Alexander Lukaschenko wurde am Flughafen Adler von Temperaturen um die 30 Grad empfangen, bevor er im Sommersitz des russischen Präsidenten am Rande Sotschis zu einem Vieraugengespräch mit Wladimir Putin zusammentraf – ausgerechnet in einem Kaminzimmer.

Ins Schwitzen dürfte Lukaschenko auch bei den Verhandlungen gekommen sein, über deren Inhalt man sich bedeckt hielt. Unter den Kritikern des Präsidenten war die Sorge vor Zugeständnissen Lukaschenkos an den Kreml groß. Belarus müsse sich „enger an den älteren Bruder halten und in allen Fragen zusammenarbeiten“, hofierte Lukaschenko den Kreml-Chef, der sich vor den Kameras kühl verhielt und seinen Kollegen an die von ihm in Aussicht gestellte Verfassungsreform erinnerte.

1. Wie steht es derzeit um das russisch-belarussische Verhältnis?

Die Nachbarn sind politisch und ökonomisch eng verwoben, doch das Verhältnis ist kein einfaches. Kurz vor der belarussischen Präsidentenwahl lagen die Beziehungen auf dem Tiefpunkt, als Lukaschenko Russland der Einmischung bezichtigte. Nun hängt sein politisches Überleben (wieder einmal) vom Kreml ab. Der Kreml hat die umstrittene Wahl anerkannt und Rückendeckung für den durch die Protestwelle angeschlagenen Autokraten signalisiert. Putin stellte Lukaschenko eine Polizeitruppe in Aussicht, sollten dessen Sicherheitskräfte Verstärkung benötigen. Mit dem Manöver „Slawische Bruderschaft“ betont man derzeit die Militärkooperation. Russische Journalisten sprangen in Staatsmedien ein. Moskau stellt Minsk Kredite über 1,5 Milliarden Dollar zur Verfügung.

2. Welche längerfristigen Pläne hat Putin mit Belarus?

Angesichts der Schwächung Lukaschenkos will Moskau mit schon länger gehegten Integrationsplänen ernst machen, die die Kontrolle des Kreml über Belarus verstärken. Zunächst könnte man auf Schritte setzen, die schnelle Resultate liefern – zumal man der Wankelmütigkeit des belarussischen Autokraten leid ist. Das russische Business schielt auf rentable Staatsbetriebe. In früher geleakten Plänen war zudem von einer Zusammenlegung von Steuerwesen, Außenhandel und Bankenaufsicht die Rede. Auch über eine gemeinsame Währung wird spekuliert. Manche Experten befürchten eine „schleichende Annexion“ Belarus'.

3. Warum unterstützt der Kreml Lukaschenko überhaupt?

Putin will auch aus Eigeninteresse verhindern, dass Lukaschenko sich dem Druck der Protestbewegung beugen muss. Im Falle einer neuen Regierung fürchtet der Kreml, das sich der außenpolitische Kurs des Nachbarn ändern könnte. Dabei sieht Moskau seine eigenen geopolitischen Interessen an der Westgrenze gefährdet. Indes ist nicht ausgeschlossen, dass der Kreml den Autokraten fallen lässt – sollte sich eine bessere Alternative auftun.

4. Gibt es in Belarus eine Mehrheit für einen Zusammenschluss?

Nein. Die Mehrheit der Belarussen wünscht sich enge Beziehungen zu Russland, aber keinen gemeinsamen Staat. Russischer Druck auf Belarus steht vor dem Problem, dass er mit negativen Reaktionen rechnen muss. Allerdings hat Moskau auch bisher die Wünsche der belarussischen Bürger nicht in seine Rechnung einkalkuliert.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.