Videospielentwicklung

Boomende Branche, neue Studien

Virtual Reality (VR) ist auch in der Gaming-Branche ein Thema mit viel Potenzial.
Virtual Reality (VR) ist auch in der Gaming-Branche ein Thema mit viel Potenzial.FH St.Pölten
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Die Games-Branche wächst – Corona verstärkt diesen Trend sogar. Die heimische Entwicklerszene ist noch ein zartes Pflänzchen. Neue Ausbildungen wurden gestartet.

Mit rund 2,6 Milliarden Gamern spielt aktuell ein Drittel der Menschheit die eine oder andere Art von Videospielen. Vor fünf Jahren waren es noch zwei Milliarden. Rasant entwickeln sich auch die Umsätze. Laut dem auf die Branche spezialisierten Marktforschungsinstitut Newzoo werden heuer global fast 160 Milliarden Dollar für Games ausgegeben werden, ein Plus von 9,3 Prozent gegenüber 2019. Bis Ende 2023 sollen drei Milliarden Gamer der Branche 200 Milliarden Dollar Umsatz bescheren.

Auch das Angebot an spezialisierten Ausbildungen in Österreich wächst. Mit dem Bachelorstudiengang Interactive Media & Games Business startet dieses Wintersemester an der FH des BFI Wien ein neues Programm. An der FH St. Pölten wird erstmals das englischsprachige Bachelorstudium Creative Computing angeboten.

Games und Wirtschaft

„Das Studium verbindet Know-how rund um Games und interaktive Medien mit betriebswirtschaftlichen Kenntnissen“, sagt Kai Erenli, Leiter des Bachelorstudiengangs Interactive Medien & Games Business. Absolventen sollen das Produktionsmanagement bei der Auswahl geeigneter Geschäftsmodelle unterstützen und bei deren strategischer Ausrichtung beratend zur Seite stehen. Eine Game-Engine selbst programmieren zu können, ist dazu nicht notwendig. „Sie müssen aber mit den Grundlagen des Programmierens vertraut sein, um etwa zu verstehen, wie die Entwicklung eines Prototyps abläuft“, sagt Erenli. Der Experte hofft, mit dem neuen Bachelorstudiengang die Zahl der erfolgreichen heimischen Gaming-Projekte weiter steigern zu können.

Laut einer WKÖ-Studie generierte die heimische Game Development Branche 2017 einen Umsatz von 51,1 Millionen Euro. Zum Vergleich: In Finnland waren es im selben Jahr 2,36 Milliarden. Dass andere in Europa besser aufgestellt sind, liegt laut Alexander Mense, Leiter des Masterstudiengangs Game Engineering & Simulation der FH Technikum Wien, am politischen Interesse, an der Ansiedelung von Branchenplayern und an staatlichen Unterstützungen.

„Hierzulande gibt es eine Gruppe von größeren Unternehmen mit viel Potenzial – die aber überschaubar ist – sowie Indie-Developer, die als Einzelkämpfer unterwegs sind“, sagt Mense. Sein Masterstudiengang, der seit 2008 an der FH Technikum Wien angeboten wird, deckt im Wesentlichen die ganze Game Development Pipeline ab, zu der die Schritte Planning, Pre-Production, Production, Testing, Pre-Launch, Launch und Post-Production gehören. „Dabei spielt der kreative Teil eine kleinere Rolle. Der Schwerpunkt liegt im Masterstudiengang eindeutig auf der Spiele-Entwicklung“, sagt der Studiengangsleiter.

Technik und Kreativität

An der FH St. Pölten kommt das Thema Gaming in insgesamt drei Studiengängen vor: im Bachelor Medientechnik, im Master Interactive Technologies und im neuen englischsprachigen Bachelor Creative Computing. „Medientechnik und Interactive Technologies sind breit angelegte Studiengänge, die jene Kompetenzen vermitteln, die notwendig sind, um in der Informatikbranche als Programmierer tätig sein zu können“, sagt Franz Fidler vom Department Medien und Digitale Technologien, der beide Studiengänge leitet. Auch im neuen Bachelor Creative Computing lernen die Studierenden, technisches Wissen in der Programmierung mit kreativer Expertise in den Bereichen User Interface Design, Game Design, Web Technologies, Mobile Programming und Augmented und Virtual Reality zu kombinieren.

Breites Betätigungsfeld

Die Absolventen der drei Ausbildungen haben daher ein breites Betätigungsfeld. Etliche arbeiten als Game Designer, berichtet Fidler, auch in größeren US-Studios. Eine Absolventengruppe habe ein Virtual Reality Game entwickelt und denke an eine Kommerzialisierung. Ein anderer sei im E-Sports-Bereich im Sponsoring tätig. „Viele sind bei klassischen Industriefirmen angestellt.“

Ein immer größeres Thema: Mobile Games. 2020 sollen damit laut Newzoo fast die Hälfte aller Gaming-Umsätze generiert werden. „Das ist einerseits darauf zurückzuführen, dass Smartphones immer leistungsstärker sind, was auch hochwertigere Spiele ermöglicht“, weiß Erenli. Andererseits wären Mobile Games weniger komplex zu produzieren als Spiele für die Konsole. Für Mense ist vor allem im Industrie-Umfeld die Simulation stark im Kommen. „Mit der Renaissance der Simulations-Games gewinnt das Thema auch im Gaming wieder an Bedeutung“.
Ein weiterer Trend sind „Serious Games“, Spiele, bei denen das (unterhaltsame) Lernen im Vordergrund steht. Ebenfalls aktuell sind Augmented & Virtual Reality sowie künstliche Intelligenz – etwa in der Entwicklung von visuellen Umwelten. Diese Trends spiegeln sich auch in den vielen Praxis-Projekten, die in allen einschlägigen Studien eine wichtige Rolle einnehmen.

Aufwind durch Covid-19

„Covid-19 hat den Gaming-Trend zusätzlich befeuert“, so Erenli. Das bestätigen die Experten von Newzoo. Sie gehen davon aus, dass die Umsätze mit mobilen Spielen um 13 Prozent steigen, Konsole-Games um fast sieben Prozent und PC-Spiele um fast fünf Prozent. Laut der deutschen Strategieberatung Simon Kuchers & Partners und dem Marktforschungsinstitut Dynata verbringen Gamer um 30 Prozent mehr Zeit mit Videospielen und geben um 40 Prozent mehr aus.

INFORMATION

Games-Ausbildungen (Auswahl):

• FH des Bfi Wien; BA Interactive Media & Games Business

• FH Technicum Wien: MA Game Engineering & Simulation

FH St. Pölten: BA Medientechnik, MA Interactive Technologies, BA Creative Computing

• FH Salzburg: MultiMediaTechnology

• FH Joanneum: Master Sound Design

•Uni Klagenfurt: Master Game Studies and Engineering

• Donau-Uni Krems: Unilehrgang “Game-based Media & Education“

• SAE Institute Wien: Game Art & 3-D Animation Diploma

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.09.2020)

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