Wladimir Tschuprow von Greenpeace Russland über den Brand bei Tschernobyl.
„Die Presse“: Wie steht es um die Brände in der westrussischen Region Brjansk, die durch den Reaktorunfall in Tschernobyl 1986 verseucht wurde?
Wladimir Tschuprow: Beunruhigend, dort brennt nuklear verseuchter Waldboden. Das Monitoring zeigt, dass die Belastungen weit über den Grenzwerten liegen. Die Daten werden offiziell aber zurückgehalten. Eine erhöhte radioaktive Strahlung führt zwar nicht zu so einer Belastung wie beim Unfall, trotzdem sollten kleinere Mengen nicht unterschätzt werden.
Hacker haben diese Woche die Greenpeace-Webseite angegriffen.
Tschuprow: Ja, und fast alle Informationen über die Brände wurden getilgt. Auf einer Seite hatten wir Berichte von Betroffenen. Sie erzählten, wie das Zivilschutzministerium ihr Dorf abbrennen ließ, weil es die Siedlung von Oligarchen vor der Feuersbrunst retten wollte. Wir fühlen uns in unserer Arbeit bedroht.
Steckt hinter der Katastrophe politisches Versagen?
Tschuprow: Die Regierung macht einen strategischen Fehler nach dem andern. Sie müsste sich zu dem Eingeständnis durchringen, dass die Hitzewelle nicht der alleinige Grund für die Brände ist. Schon jetzt werden Mythen in die Welt gesetzt, als hätten die USA Klimawaffen eingesetzt, oder eine Plasma-Explosion auf der Sonne wäre schuld. Wenn im nächsten Jahr nicht wieder dasselbe passieren soll, müssen die wahren Ursachen analysiert werden. Hier schlägt Ökologie in Politik um. Die Machtvertikale Putins steht dem im Wege. Putin weiß gar nicht, was im Land tatsächlich los ist. don
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.08.2010)