Wirtschaftliche Probleme

Hedgefonds-Veteran: Türkische Misere greift auf Europa über

(c) APA/AFP/OZAN KOSE
  • Drucken

Experte shortet Anleihen aus dem Euroraum wegen der türkischen Gefahr.

London/Wien. In den Augen vieler Investoren sind die wirtschaftlichen Probleme der Türkei selbst verschuldet und dürften ein isoliertes Phänomen bleiben. Für John Floyd sind sie jedoch Symptome einer Misere, die sich in den kommenden Monaten auf Europa ausbreiten wird. Der Leiter der Makrostrategie bei Record Currency Management tätigt Leerverkäufe bei Staatsanleihen aus Spanien, Frankreich und Italien sowie beim Euro. Er meint, dass die Marktverwerfungen der Türkei sich bald in den Bilanzen der europäischen Banken niederschlagen werden.

Der Exhändler der Deutschen Bank sagt, er habe in seiner 25-jährigen Karriere die Asienkrise prognostiziert. Jetzt signalisieren der Einbruch der Türkischen Lira und die negativen Netto-Devisenreserven des Landes laut Floyd eine Handelsmöglichkeit in den Industrieländern, da das Risiko eines Schadens durch notleidende Kredite steige.

Immer mehr notleidende Kredite

Die Ratingagentur Moody's Investors hat am 11. September die Bonitätsnote der Türkei tiefer in den Ramschbereich gesenkt und hält eine Zahlungsbilanzkrise „zunehmend für wahrscheinlich“. Das Engagement ausländischer Banken in der Türkei sei zwar seit der Währungskrise 2018 gesunken, so Floyd aus New York in einem Bloomberg-Interview. Aber Ende 2019 hatten sie noch Forderungen von 166 Mrd. Dollar (140,2 Mrd. Euro) gegenüber der Türkei, wobei nach Angaben der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich der Löwenanteil auf europäische Banken entfiel. Die türkische Wirtschaft dürfte heuer um vier Prozent schrumpfen, die Lira hat dieses Jahr über 20 Prozent abgewertet. Floyd stützt seine Wette auf die Annahme, dass türkische Kreditnehmer aufgrund des Lira-Einbruchs Probleme haben werden, Fremdwährungsschulden zu bedienen, was zu einer Zunahme notleidender Kredite bei Europas Banken beiträgt. (Bloomberg/est)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2020)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.