Finanzdienstleister

Jeder einzelne Schritt so bequem wie möglich

Christian Giehler
Christian Giehler(c) Matthias Silveri
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Die Internet(handels)riesen leben Convenience gekonnt vor und legen die Latte hoch. Erfolgreichist, wer in den Dimensionen des Kundenlebenszyklus denkt. Das gilt für alle Branchen. Auch für Finanzdienstleister.

Es klingt nicht so, als wäre es vollkommen selbstverständlich. Ein Unternehmen, das offene Forderungen – man könnte auch Schulden dazu sagen – eintreibt, wird von Top Service Austria anhand von ausgewählten Kennzahlen für seine Servicequalität im B2B-Bereich wiederholt ausgezeichnet. Die Rede ist von infoscore austria, einem Unternehmen, das sich in den vergangenen Jahren vom Inkassobüro zum Full-Financial-Service-Provider entwickelt hat.

Die hohe Servicequalität gelinge, sagt Geschäftsführer Christian Giehler, weil man in den Dimensionen des Kundenlebenszyklus denke und alle Interaktionen daran ausrichte: Ein Kunde bestellt, bezahlt nicht, wird Schuldner und soll aber trotz der zwischenzeitlichen Schwierigkeiten Kunde bleiben. Genau der letzte Punkt ist entscheidend: die Kundenrückgewinnung. „Die kann nur gelingen, wenn es ein positives Erlebnis gibt, auch wenn es sich um eine an sich negative Sache handelt.“ Die dahinterliegende Maxime lautet für Giehler: Convenient in every transaction. Jeder einzelne Schritt müsse so einfach und bequem wie möglich erfolgen. Etwas, was etwa auch Amazon und andere Internet(handels)riesen gekonnt vorleben.

Um diese Convenience, diese Bequemlichkeit, in die Prozesse einzubeziehen, müsse man genau analysieren, wie ein Unternehmen, das Infoscore mit dem Inkasso beauftrage, mit seinen Kunden umgeht, was es bietet, wie und vor allem über welche Kanäle es kommuniziert. Denn, sagt Giehler, „Medienbrüche sollte man unbedingt vermeiden“. Schließlich würden die meisten Unternehmen ihre Kunden nach der Rechnungslegung verlieren. Daher unterhalte sein Unternehmen zu den meist großen Kunden aus den Bereichen E-Commerce, Telekom und Non-Profit/Non-Governmental Organizations viele Schnittstellen, um die Kunden schnell in der richtigen Sprache kontaktieren zu können.

Ja, räumt Giehler ein, es bedeute einen erheblichen IT-Aufwand, diese Schnittstellen einzurichten und zu betreuen, sorge aber für ein angenehmes Erlebnis für die Kunden. Und es spare viel Zeit, um mit den Kunden schnell in Kontakt zu kommen – was sich wiederum auf deren Zufriedenheit auswirke: Denn je schneller ein Kunde zahlt, desto schneller kann er auch wieder freigeschaltet werden.

Das Zahlungsverhalten, sagt Giehler rückblickend auf die vergangenen Jahre, sei in Österreich schlechter geworden, der Rückfluss dauere länger – je nach Branche um teils zwei bis drei Monate. Das habe auch ein wenig damit zu tun, dass Onlinehändler nicht mehr jede Bestellung einzeln abrechnen, sondern monatliche Sammelrechnungen ausstellen würden. Was automatisch einen Zahlungsaufschub bedeute.

Jede Menge Empathie gefragt

Die Zahl der Ausfälle etwas im E-Commerce bleibe zwar mit 0,5 bis dreei Prozent aller Transaktionen gering, aber, sagt Giehler, „die Volumina werden höher“.

Auch wenn es dank der angesprochenen Schnittstellen gelinge, viele Inkassofälle automatisiert abzuwickeln, so bleibe für viele Kunden das direkte Gespräch weiter enorm wichtig. Etwa um gemeinsam individuelle Zahlungspläne zu erstellen. Angesichts der Fälle komme eine Vollzeitkraft im Callcenter auf rund 100 Telefonate pro Tag. Da brauche es viel Empathie, um damit umgehen zu können. Und regelmäßig rotierende Aufgaben, um einen Ausgleich zu finden. Und es sei von Vorteil, das Team divers aufzustellen, um die vielen verschiedenen Fälle, die auf es zukommen, besser zu verstehen. (mhk)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2020)

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