Demokratiebewegung

Der König wohnt lieber in Bayern: Die Thai-Monarchie ist nicht mehr unantastbar

Medienvertreter filmen die Massenproteste in Bangkok.
Medienvertreter filmen die Massenproteste in Bangkok.APA/AFP/MLADEN ANTONOV
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Die neue Demokratiebewegung in Thailand hat starken Zulauf. Sie fordert den Rücktritt von Premier Prayut und stellt sogar die Monarchie infrage. Was früher undenkbar war, macht ein Luxus-König möglich, der die Coronavirus-Pandemie lieber im Ausland verbracht hat.

Die politische Situation in Thailand ist eine komplizierte. Eine Regierung seit dem Putsch 2014, die vom Militär kontrolliert wird, der geliebte und verehrte König verstorben, sein Nachfolger verschwenderisch und wenig emphatisch. Tausende regierungskritische Demonstranten sind am Mittwoch in Thailand auf die Straße gegangen. Die Demokratiebewegung, die immer mehr Zulauf gewinnt, fordert den Rücktritt von Ministerpräsident Prayut Chan-o-cha und umfassende Reformen. Dabei geht es aber auch um die Rolle der Monarchie. Das Thema war in dem südostasiatischen Land lange ein Tabu. Der Zeitpunkt der Kundgebung ist gut gewählt: König Maha Vajiralongkorn (Rama X.), der die meiste Zeit - auch während der Coronakrise - in Bayern lebt, ist derzeit selbst in Bangkok.

Im Laufe des Tages sollte der Regent auf dem Weg zu einer Zeremonie das Demokratiedenkmal im Zentrum der Hauptstadt passieren, an dem sich die Demonstranten versammelt haben. Deshalb wurden Zusammenstöße mit der Polizei befürchtet. Gleichzeitig säumten zahlreiche Anhänger des Königshauses die Straßen. Sie trugen gelbe T-Shirts, traditionell die Farbe der thailändischen Monarchie. Der Royalisten-Führer Buddha Issara erklärte, die Demonstranten könnten Demokratie fordern, jedoch keine Reform der Monarchie. "Sie dürfen die Institution nicht antasten", sagte er laut Reuters gegenüber Reportern.

Der prominente Demokratie-Aktivist Anon Numpa rief die am Demokratie-Denkmal der thailändischen Hauptstadt versammelten Menschen dazu auf, ruhig zu bleiben. Nach Angaben der Behörden waren etwa 14.000 Polizisten im Einsatz. Am Vortag waren bei Protesten 21 Menschen festgenommen worden.

Anti-Regierungsprotest beim Demokratiedenkmal in Bangkok.
Anti-Regierungsprotest beim Demokratiedenkmal in Bangkok.APA/AFP/LILLIAN SUWANRUMPHA

"Es wird Provokationen von der anderen Seite geben, also bitte vertrauen Sie mir - wir wollen mit niemandem aneinander geraten", sagte Anon. Am Nachmittag sollte die Kolonne von König Maha Vajiralongkorn an den Demonstranten vorbeifahren. "Wenn die königliche Wagenkolonne eintrifft, äußern Sie keine Schimpfwörter", warnte Anon.

In Thailand wird Kritik am Königshaus mit drakonischen Strafen geahndet. Wer den Regenten beleidigt, riskiert in Thailand bis zu 15 Jahren Haft. Aber der König hat auch noch viele Anhänger.

Am Dienstag hatte es landesweit Gedenkfeiern für den vor vier Jahren gestorbenen König Bhumibol Adulyadej (Rama IX.) gegeben. Der beliebte Monarch wurde - anders als sein Sohn - noch fast gottgleich verehrt. Die Bevölkerung ist gespalten, was ihren neuen Regenten betrifft. Viele fordern die Änderung eines strengen Gesetzes zum Schutz der Monarchie.

Auch die Royalisten versammelten sich - ihr Zeichen ist stets die gelbe Oberbekleidung.
Auch die Royalisten versammelten sich - ihr Zeichen ist stets die gelbe Oberbekleidung.REUTERS

Seit Militärputsch im Jahr 2014 an der Macht

Bei den Protesten geht es auch um die Regierung von Prayut Chan-o-cha. Der General ist seit einem Putsch des Militärs 2014 an der Macht. Die Demonstranten fordern nicht nur den Entwurf einer neuen Verfassung und Neuwahlen, sondern auch ein Ende der Einschüchterung von Bürgern und politischen Gegnern.

"Nieder mit der Diktatur. Es lebe die Demokratie!", sangen die Demonstranten, während sie in Richtung Regierungssitz marschierten. Viele hatten im Vorfeld angekündigt, mehrere Tage lang im Zentrum Bangkoks kampieren zu wollen. Bereits am Dienstag waren mehrere Teilnehmer festgenommen worden, als sie ihre Zelte aufbauten.

Am Dienstag hatten Demonstranten eine zentrale Kreuzung rund um das Demokratie-Denkmal in Bangkok besetzt, die später von Polizisten geräumt wurde, damit eine Wagenkolonne des Königs passieren konnte. Einige Demonstranten widersetzten sich nach Polizeiangaben den Sicherheitskräften und wurden festgenommen.

Dutzende Demonstranten streckten der vorbeifahrenden Wagenkolonne drei Finger entgegen - die Geste ist der Filmreihe "Die Tribute von Panem" entlehnt und ein Ausdruck des Protests pro-demokratischer Aktivisten. Nach den Festnahmen am Demokratie-Denkmal zogen etwa 300 Menschen zum Polizeipräsidium der Stadt, um die Freilassung der Aktivisten zu fordern.

Die teils von der Hongkonger Protestbewegung inspirierten Demonstranten fordern neben dem Rücktritt der Regierung auch die Abschaffung eines umstrittenen Gesetzes zum Schutz der Monarchie.

Thailand blickt auf eine konfliktreiche Geschichte zurück, in der es seit 1932 (als die konstitutionelle Monarchie eingeführt wurde) mehr als ein Dutzend Militärputsche gegeben hat. Der jüngste Militärputsch fand 2014 statt. Aus einer von Betrugsvorwürfen überschatteten Parlamentswahl ging dann im vergangenen Jahr Ex-Armeechef Prayut als Sieger hervor.

(APA/dpa/AFP/Reuters)

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