Verzögerung

Behörde verweigert Biden-Team Brief für Arbeitsaufnahme

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Die Leitung der für die US-Regierungsgebäude zuständigen Behörde weigert sich offenbar, einen Brief zu unterschreiben, mit dem das Biden-Übergangsteam Zugang zu US-Behörden erhalten und formal diese Woche die Arbeit aufnehmen kann.

Mögliche Verzögerung für den Machtwechsel im Weißen Haus: Die Leitung der für die US-Regierungsgebäude zuständigen Behörde soll sich einem Medienbericht zufolge weigern, einen Brief zu unterschreiben, mit dem das Biden-Übergangsteam Zugang zu US-Behörden erhalten und formal diese Woche die Arbeit aufnehmen kann.

Dies sei ein weiteres Zeichen dafür, das Amtsinhaber Donald Trump den Wahlsieg des Demokraten Joe Biden nicht anerkenne und die Übergabe der Macht stören könnte, schreibt die "Washington Post" in ihrer Online-Ausgabe vom Montag. Ein solcher Brief der Behörde General Services Administration (GSA) kommt der Zeitung zufolge einer formalen Erklärung der US-Regierung über den Sieger der Präsidentenwahl gleich. Der amtierende US-Präsident Trump versucht, die Wahl mit rechtlichen Mitteln wie Klage doch noch zu gewinnen.

Die GSA, so schreibt die "Washington Post", hat nach der Wahl eines neuen Präsidenten die Rolle, mit der Erklärung des "anscheinenden Siegers" einer Präsidentenwahl dem Team des Gewinners Zugänge zu Regierungsgebäuden, E-Mails, Regierungsbeamten und Computersystemen zu gewähren, zuvor genehmigte Gelder für Gehälter und Verwaltung freizugeben und Räume in jeder US-Behörde zu schaffen. Eine neue Regierung aufzubauen, sei in diesem Jahr mit einer Summe von 9,9 Millionen Dollar (etwa 8,3 Millionen Euro) veranschlagt.

36 Stunden nach Wahlsieg noch kein Brief geschrieben

Doch Behördenchefin Emily Murphy habe auch am Sonntagabend (Ortszeit) und damit fast 36 Stunden nach der Ausrufung des Wahlsiegers durch die Medien einen solchen Brief nicht geschrieben, schreibt die "Washington Post" weiter. Und die Trump-Regierung scheine im Einklang mit Trumps Linie, Bidens Wahlsieg nicht anzuerkennen, auch keine unmittelbaren Pläne für einen solchen Brief zu haben. "Dies könnte zu einer ersten Verzögerung beim Übergang in moderne Zeiten werden - ausgenommen das Jahr 2000, als der Supreme Court (das höchste US-Gericht) im Streit um eine Nachzählung zwischen Al Gore und George W. Bush entschied", so die Zeitung.

Eine Sprecherin der GSA erklärte mit Blick auf den Sieger der Wahl in einer E-Mail, es sei noch keine "Feststellung" getroffen worden. Die Behörde werde sich weiterhin an alle gesetzlichen Anforderungen halten und diese erfüllen.

Die Auszählung der Stimmen ist in den USA auch knapp eine Woche nach der Wahl noch nicht beendet. Der 77 Jahre alte Biden wurde am Samstag aber bereits zum Sieger erklärt. Der ehemalige Vizepräsident von Barack Obama hat deutlich mehr als die 270 Stimmen von Wahlleuten zusammen, die erforderlich sind. Trump weigert sich jedoch weiterhin, die Niederlage anzuerkennen. Der 74-Jährige will auf juristischem Weg verhindern, dass er das Weiße Haus räumen muss. Die Erfolgsaussichten gelten als sehr gering. Termin für die Amtsübernahme ist der 20. Jänner nächsten Jahres.

Vom juristischen Streit will sich Biden in den Vorbereitungen für die Übernahme der Regierungsgeschäfte aber nicht abhalten lassen. Am Montag präsentierte der "President Elect ("Gewählter Präsident") seinen Expertenrat zur Eindämmung der Corona-Pandemie. "Ich werde mich von der Wissenschaft und von Experten informieren lassen", erklärte Biden in einer Pressemitteilung. Der Expertenrat solle dabei unterstützen, die Anti-Corona-Maßnahmen der neuen Regierung zu gestalten. Dabei gehe es vor allem darum, steigende Infektionszahlen unter Kontrolle zu bringen, die Entwicklung und Verteilung von sicheren und wirksamen Impfstoffen zu fördern und gefährdete Bevölkerungsgruppen zu schützen. Der neue Expertenrat soll eine Dreierspitze aus Vivek Murthy, David Kessler und Marcella Nunez-Smith bekommen.

Russland und China halten sich zurück

Die internationalen Reaktionen auf den Wahlsieg des Demokraten fielen unterdessen überwiegend positiv aus. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, die sich zunächst nur mit einer schriftlichen Erklärung zu Wort gemeldet hatte, sagte am Montag: "Amerika ist und bleibt unser wichtigster Verbündeter, aber es erwartet von uns - und zurecht - stärkere eigene Anstrengungen, um für unsere Sicherheit zu sorgen und für unsere Überzeugungen in der Welt einzutreten." Die Freundschaft zu den USA habe sich über Jahrzehnte bewährt. "Das ist ein gemeinsamer Schatz, wir sollten immer weiter an ihr arbeiten."

Dagegen hielten sich Russland und China - die beiden größten Kontrahenten der USA in der Weltpolitik - weiterhin auffallend zurück. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte in Moskau: "Wir halten es für richtig, bis zur offiziellen Verkündung der Ergebnisse der Wahl zu warten." Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Wang Wenbin, sagte in Peking lediglich: "Wir haben zur Kenntnis genommen, dass Biden den Wahlsieg erklärt hat." Einen Glückwunsch gab es aus beiden Ländern in den ersten offiziellen Reaktionen nicht.

Auch die EU-Kommission will sich erst nach dem Amtsantritt Bidens zur künftigen Zusammenarbeit mit den USA äußern. "Wir sollten einen Schritt nach dem anderen machen", sagte ein Sprecher der EU-Behörde in Brüssel am Montag. Die EU werde warten, bis der gewählte Präsident sein Amt antrete, bevor sie kommentiere, was dies für ihre Beziehung bedeute, hieß es.

Wirtschaftsminister Margarete Schramböck (ÖVP) sprach sich am Montag am Rande des virtuellen EU-Handelsrates in Hinblick auf die USA einerseits dagegen aus, Strafzölle zu forcieren, andererseits darf ihrer Ansicht nach die EU auch "nicht naiv sein". Biden habe einen "sicherlich starken Wirtschaftsstandort USA im Auge, da muss Europa weiterhin zusammenstehen und stark sein", sagte Schramböck gegenüber dem ORF.

(APA/dpa)

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