Corona

Opposition vereint gegen Schulschließungen

PK SPOe-NEOS CORONAVIRUS MASSNAHMEN: RENDI-WAGNER / MEINL-REISINGER
PK SPOe-NEOS CORONAVIRUS MASSNAHMEN: RENDI-WAGNER / MEINL-REISINGERAPA/HANS PUNZ
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SPÖ, FPÖ und Neos fordern umfangreiche Schutzmaßnahmen für ein Offenhalten der Schulen. Die Freiheitlichen wollen auch die Oberstufen zurück ins Klassenzimmer schicken.

Die SPÖ hat am Donnerstag ihre Ablehnung von möglichen Schulschließungen im Zuge von verschärften Corona-Maßnahmen bekräftigt. Das wäre "eine Maßnahme von geringem Nutzen und großem Schaden", sagte Parteivorsitzende Pamele Rendi-Wagner in einer Pressekonferenz. Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid forderte stattdessen umfangreiche Schutzmaßnahmen für ein Offenhalten der Schulen.

Schulschließungen wären das Gegenteil von Treffsicherheit und Wirksamkeit, weil dafür jegliche Datengrundlage fehle, argumentierte Rendi-Wagner. Sowohl die AGES als auch internationale Studien und Erfahrungen würden zeigen, dass Schulkinder bis 14 Jahren keine wichtige Rolle in der Verbreitung des Virus spielen. Die Kinderinfektionsrate sei sogar gesunken, betonte Hammerschmid. Schulschließungen würden aber gesundheitliche, psychologische und pädagogische Schäden bei den Kindern verursachen.

Die SPÖ-Vorsitzende verwies auch darauf, dass zusätzlich zu den Oberstufen-Schülern rund 700.000 Kinder und deren Eltern mit der Betreuung betroffen wären. Rendi-Wagner forderte daher die Bundesregierung auf, dem Virus durch wirksame Maßnahmen die Tür zu versperren, den Kindern aber die Tür zu den Schulen offen zu halten.

An Sicherheitsmaßnahmen für ein Offenhalten der Schulen plädierte Hammerschmid für regelmäßig Tests und Screenings der Lehrer sowie für eine Maskenpflicht für die Pädagogen. Weiters sollten die Gurgeltests ausgeweitet werden, zusätzliche Räume angemietet und die Räume alle 20 Minuten kurz gelüftet werden.

Einem kompletten Lockdown inklusive Schulschließungen würde Rendi-Wagner nur dann zustimmen, wenn die von ihr geforderte Expertengruppe, die die Maßnahmen bewerten und evaluieren soll, einen solchen vorschlagen würde. Dass die Regierung jetzt schon von Verschärfungen spreche, obwohl die Inkubationszeit zehn bis 14 Tage betrage und die derzeitigen Maßnahmen erst seit 2. November gelten, hält sie für "unseriös". "Fassungslos" zeigte sich Hammerschmid über die Aussage von Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP), wonach Schulschließungen nicht seine alleinige Entscheidung wären.

FPÖ warnt vor „Lost Generation"

Auch für die FPÖ sind Schulschließungen kein geeignetes Mittel zur Bekämpfung der Coronapandemie. "Für uns ist das keine Option, die Schulen müssen offenbleiben", betonte Bildungssprecher Hermann Brückl am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. Auch die Oberstufen, deren Unterricht seit knapp zwei Wochen auf Distance Learning umgestellt ist, müssten wieder in die Klassenzimmer zurückgeholt werden.

Die FPÖ habe sich als einzige Parlamentspartei von Anfang an gegen Schulschließungen gestellt. Diese seien eine große Belastung für die Familien und würden für die Schüler soziale Isolation, den Verlust von Motivation und Tagesstruktur bedeuten, schon jetzt würden immer mehr Schüler unter Beschwerden wie Schlaflosigkeit und Zukunftsängsten leiden. Noch dazu seien die Schulen keine Treiber der Pandemie. "Wir sind dabei, eine Lost Generation zu schaffen", warnte er. Und: "Die Eltern haben mittlerweile mehr Angst vor Homeschooling als vor Corona." Sollte Bundeskanzler Sebastian Kurz die Schulen schließen, sei jedenfalls auch Bildungsminister Heinz Faßmann, der sich stets für offene Schulen starkgemacht hatte, rücktrittsreif.

Um die Schulen trotz Pandemie offenhalten zu können, setzt Brückl neben der Einhaltung von Hygienemaßnahmen und Abstandsregeln auf Klassenteilungen, eine Teilung in Vormittags- und Nachmittagsunterricht, flexible Beginn- und Endzeiten des Unterrichts, den Einsatz von Plexiglasscheiben und rasche Testungen. Von der Regierung forderte er eine langfristige Strategie ein, immerhin werde das Virus nicht wieder verschwinden.

Neos: Entscheidung vertagen

Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger sprach sich am Donnerstag dafür aus, die Entscheidung über Verschärfungen der Coronamaßnahmen und mögliche weitere Schulschließungen erst nach dem Wochenende zu treffen. Der Peak der Infektionen aus der Zeit vor dem Lockdown sei erst dieser Tage zu erwarten und es gebe ausgerechnet jetzt ein "Zahlenchaos" bei den Daten der Neuinfektionen. Damit fehle die Grundlage für eine evidenzbasierte Entscheidung.

Eine Schließung der Schulen müsse "der aller-, allerletzte Weg" sein, wenn das Gesundheitssystem wegen der Zahl der Coronainfektionen zu kippen drohe. "Das Ende des Unterrichts in der Schule für Pflichtschulkinder ist nicht der Beginn des Unterrichts zu Hause, es ist das Ende des Unterrichts und das Ende von Bildung und sozialen Kontakten, die so wichtig sind", so Meinl-Reisinger, die auch auf die negativen Auswirkungen der Schulschließungen auf Schüler aus sozial benachteiligten Familien, auf die Psyche der Kinder, auf Arbeitnehmer und Arbeitsplätze verwies. "Homeschooling und Homeoffice zusammen geht sich einfach nicht aus. Punkt." Dabei drohe das Ausbrennen der Eltern, vor allem der Mütter, und die noch geöffneten Betriebe könnten durch die Betreuungspflichten der Mitarbeiter in Bedrängnis kommen. Eltern müssten außerdem für die Betreuung möglicherweise auf Großeltern zurückzugreifen und könnten damit potenziell deren Gesundheit gefährden.

Als gelindere Mittel anstelle von Schulschließungen schlagen die neos unter anderem zur Abwendung weiterer Schulschließung eine Ausweitung der Maskenpflicht für Schüler vor. Außerdem soll für den Unterricht auf andere Räumlichkeiten, etwa ungenutzte Festsäle, ausgewichen werden und durch unterschiedliche Beginnzeiten Anhäufungen von Schülern auch am Schulweg vermieden werden, so Bildungssprecherin Martina Künsberg Sarre. (APA)

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