Im Konflikt um die Erosion der Rechtsstaatlichkeit steuern die EU und die in Polen und Ungarn regierenden Nationalpopulisten langsam, aber sicher auf einen Showdown zu.
Warschau/Luxemburg. Dass die Feierlichkeiten zu Polens Unabhängigkeitstag am 11. November in unschöner Regelmäßigkeit von rechtsextremen Krawallmachern gekapert werden, ist eine Nebenwirkung der gesellschaftlichen Polarisierung in dem Land. Auch an diesem Mittwoch kam es in Warschau zu Ausschreitungen mit verletzten Polizisten, Dutzenden Festnahmen und einer abgebrannten Wohnung – die von Randalierern mit Feuerwerkskörpern beworfen wurde, weil der Balkon offenbar mit der Regenbogenfahne geschmückt war.
In der Ablehnung der Gleichstellung sexueller Minderheiten sind die Demonstranten und die nationalpopulistische Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) auf gleicher Linie. Warschau sieht die Bemühungen der EU zur Einhaltung der Grundrechte als unerwünschten Eingriff in die nationale Souveränität. Viel schwerer wiegt allerdings die Problematik der Rechtsstaatlichkeit: Seit dem Wahlsieg 2015 beschneidet PiS sukzessive die Befugnisse der Gerichte, was im Rest der EU (mit Ausnahme Ungarns) Zweifel an der demokratischen Gewaltentrennung in Polen weckt.