Forschungsfrage

Warum war Schreiben mit der linken Hand einst so verpönt?

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Die rechte Seite galt früher als die der Götter, die linke als die Satans. Bis heute prägen Werte und Normen stark, welche Hand wir wofür nutzen.

Die Gefühle, die ein Linkshänder in einer altertümlichen Gesellschaft auslöst, entsprechen denjenigen, die ein Unbeschnittener in einem Land auslöst, in dem die Beschneidung Gesetz ist.“ Mit diesen Worten beschrieb der französische Soziologe Robert Hertz 1909 die „Vorherrschaft der rechten Hand“ in seiner gleichnamigen Studie. Und weiter: Die Rechtshändigkeit werde nämlich nicht einfach hingenommen wie eine natürliche Notwendigkeit; sie sei ein Ideal, dem sich jeder anpassen müsse und vor dem uns die Gesellschaft durch positive Sanktionen Respekt einflöße.

Hertz sieht das Schreiben mit der rechten oder linken Hand also in erster Linie als soziales Phänomen. Und noch mehr: „Er führt aus, wie eng es damals mit religiösen Vorstellungen verknüpft war“, schildert Stephan Moebius vom Institut für Soziologie der Uni Graz. Für Hertz spiegelt sich in der Dominanz der einen oder anderen Seite nämlich die Bipolarität wider, mit der Religionen die Welt ordnen. „Die rechte Seite wurde mit dem Guten, die Linke mit dem Bösen identifiziert“, so Moebius. Sie war als Seite des Teufels verschrien.

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