Skispringen

Absprung ins Ungewisse: Von „Wundertüten“ und Blasen

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Andreas Widhölzl ist ÖSV-Cheftrainer, Sandro Pertile neuer FIS-Rennleiter, die Favoriten sind altbekannt – es wartet eine XXL-Saison.

Wisla/Wien. Der Schanzentisch ist wieder gedeckt und für den Auftakt der neuen Skisprung-Saison in Wisla, Polen, bereit. Zum Auftakt steigt heute ein Team-Springen, und mit diesem Bewerb erleben auch zwei Neueinsteiger ihre Feuerprobe. Der Italiener Sandro Pertile, 51, ist als FIS-Rennleiter der Nachfolger von Walter Hofer. Im ÖSV-Team gibt jetzt Andreas Widhölzl als Cheftrainer die Richtung vor – ob es ihm gelingt, dass Stefan Kraft trotz Rückenproblemen seine Flughöhe halten und den Gesamtweltcup verteidigen kann?

Natürlich hat das Coronavirus auch auf den Skisprung-Zirkus Auswirkungen, jedoch erstaunlich geringe bislang. Bis auf den Weltcup in Japan wurde bislang kein Wettkampf abgesagt. Die Olympia-Generalprobe in China ist fraglich – aber 30 Bewerbe und zwei Großereignisse mit einer Skiflug-WM (Planica, 11. Dezember) sowie einer Nordischen WM (Oberstdorf, ab 23. Februar 2021) stehen auf dem Kalender.

Skifliegen im slowenischen Autokino

Die Events steigen en gros vor leeren Rängen, zudem will sich der Skisprung-Tross abschotten. Nach Finnland und Russland geht es direkt nach Planica für Teams und Betreuer mit eigenen Charterfliegern weiter. Und doch gibt es innovativ-individuelle Ideen – die ÖSV-Adler mieten Häuser und Apartments an. In Slowenien soll das Skifliegen wie in einem Autokino ablaufen.

Über die Favoritenrollen wird stets debattiert, an Ryōyū Kobayashi (JAP), Dawid Kubacki und Kamil Stoch (POL) oder dem Pongauer Kraft führt kein Weg vorbei. Ob der Deutsche Karl Geiger, betreut vom Tiroler Stefan Horngacher, seine Form halten konnte, ist höchst ungewiss.
Die Einschätzung fällt insofern schwer, weil es virusbedingt im Sommer keine Wettkämpfe gab. Um weitere Absagen zu vermeiden, setzte die FIS auch die Mindestzahl an Teilnehmern herab. Sechs statt acht Nationen können ein Team-Event abhalten.

Sozialpädagoge als Telemark-Experte

Stefan Kraft hebt nach seinem zweiten Gesamtsieg (2017, 2020) als Titelverteidiger ab, doch der 27-Jährige bezeichnete sich ob der Rückenprobleme beim Auftakt in Polen als „Wundertüte“. Nur 98 Sprünge habe der Salzburger in der Vorbereitung absolviert, erzählte er in einer minutiös getakteten Online-Pressekonferenz. Das wären 200 bis 300 weniger als normal. Cheftrainer Widhölzl, 44, maß der Zahl weniger Bedeutung bei denn der Qualität der Sprünge. Er war zufrieden, also ist Kraft nebst Philipp Aschenwald, Michael Hayböck, Jan Hörl, Daniel Huber und Gregor Schlierenzauer im Kader.

Dieses Sextett soll bis Mitte Dezember zusammen in der „Blase“ bleiben. Angesichts dieses langen Zusammenseins wollte Widhölzl die „gute Stimmung im Team“ forcieren. Der diplomierte Sozialpädagoge tritt für offene Kommunikation und das sofortige Ansprechen von Problemen ein. Die Zeit des Schweigens sei Vergangenheit.

Schlierenzauer, mit 53 Siegen weiterhin der erfolgreichste Weltcup-Springer, will sich der Spitze weiter annähern und sieht sich begleitet von Berater Werner Schuster (ist auch als Eurosport-Experte im Einsatz) auf gutem Weg. Dieser sei jedoch steinig. Aber auch nach sechs Jahren ohne Podestplatz ist die Motivation des 30-Jährigen groß. „Ich heule nicht mehr Rotz und Wasser. Skispringen ist immer noch eine tolle Herausforderung für mich.“ (fin)

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