Äthiopien

Massaker in Nord-Äthiopien? Tigrayer sollen 600 Zivilisten getötet haben

Ein Bild aus der Stadt Himora im umkämpften Tigray im Norden Äthiopiens.
Ein Bild aus der Stadt Himora im umkämpften Tigray im Norden Äthiopiens.APA/AFP/EDUARDO SOTERAS
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Menschenrechts-Aktivisten berichten von einem Mob, der mithilfe von Sicherheitskräften gezielt Menschen anderer Stammeszugehörigkeit getötet haben soll. Die Führung der abtrünnigen Region konnte nicht unmittelbar kontaktiert werden

In Äthiopien soll eine Bande aus jugendlichen Tigrayern nach Angaben von staatsnahen Menschenrechtlern bei einem Massaker mindestens 600 Zivilisten getötet haben. Der Vorfall ereignete sich demnach bereits am 9. November in Mai Kadra, wie die von der Regierung besetzte Äthiopische Menschenrechtskommission am Dienstag mitteilte. Das Massaker soll mithilfe örtlicher Sicherheitskräfte verübt worden - und zwar gezielt an Menschen, die nicht zum Stamm der Tigrayer gehörten. Reuters konnte die Angaben zunächst nicht überprüfen, da die Telekommunikationswege in die Region Tigray weitgehend abgeschnitten sind.

Die Führung der abtrünnigen Region konnte ebenso nicht unmittelbar kontaktiert werden. Amnesty International hatte bereits am 12. November von einem Massaker in der Gegend berichtet. Damals hatte die Führung der Tigray Befreiungsfront TPLF eine Verantwortung zurückgewiesen. Die Zentralregierung liefert sich mit der TPLF seit Anfang November Kämpfe. Hunderte, wenn nicht gar Tausende sind seitdem ums Leben gekommen. Zehntausende sind auf der Flucht, alleine im benachbarten Sudan suchen inzwischen 30.000 Menschen Zuflucht. Mehrere Staaten dringen auf eine friedliche Lösung, doch der 2019 mit dem Friedensnobelpreis geehrte Ministerpräsident Abiy Ahmed hält weiter an seiner Offensive fest.

Aufständische lehnen Ultimatum ab

Zuletzt stellte Abiy den Rebellen ein Ultimatum. Am Sonntag forderte er die TPLF auf, sich "innerhalb von 72 Stunden friedlich zu ergeben". Andernfalls werde das Militär mit einer Offensive auf die Regionalhauptstadt Mekelle beginnen. Am Montag hatten die Regierungstruppen die Stadt nach eigenen Angaben in einer Entfernung von 50 Kilometern umstellt.

Die Anführer der Aufständischen in der abtrünnigen äthiopischen Region Tigray haben das Ultimatum der Zentralregierung am Dienstag zurückgewiesen. Die Menschen der Region seien für die Verteidigung ihrer Heimat "bereit zu sterben", sagte Debretsion Gebremichael, Chef der in Tigray Volksbefreiungsfront TPLF der Nachrichtenagentur AFP.

Die Regierungstruppen hätten Rückschläge erlitten, und Abiy versuche durch das Ultimatum Zeit zu gewinnen, sagte der TPLF-Chef. "Er versteht nicht, wer wir sind. Wir sind Menschen mit Prinzipien und bereit, für die Verteidigung unseres Rechts auf Verwaltung unserer Region zu sterben", sagte er.

Getachew Reda, Sprecher der TPLF, ergänzte: Man habe die 21. Division der äthiopischen Armee im Norden von Tigray "komplett vernichtet". Ob das stimmt, konnte zunächst nicht verifiziert werden.

Der UNO-Sicherheitsrat will sich am Dienstag erstmals mit den Kämpfen in Tigray befassen. Die Beratungen sind laut Diplomatenkreisen nicht öffentlich und es ist unklar, ob im Abschluss eine Stellungnahme veröffentlicht wird. Das Treffen des mächtigsten Gremiums der Vereinten Nationen wurde unter anderem von den afrikanischen Staaten im Rat - Südafrika, Niger und Tunesien - beantragt, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Diplomatenkreisen erfuhr.

(APA/Reuters)

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