Bund, Land und Gemeinden zahlen Firmen besonders spät

Öffentliche Auftraggeber gönnen sich besonders lange Zahlungsziele. Das kommt die Firmen teuer, die Banken freut das allerdings.

wien (ker). Der Staat begleicht seine Rechnungen hierzulande sehr unpünktlich, wie aus einer Umfrage des Kreditschutzverbandes von 1870 (KSV) unter mehr als 2000 kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) hervorgeht. In 26Prozent der Fälle überweist der Staat das Geld für erfüllte Aufträge zu spät. Die verlässlichsten Zahler sind dagegen die Privatkunden, gefolgt von den Firmenkunden.

Öffentliche Auftraggeber wie Bund, Land und Gemeinden sind im Schnitt mit acht Tagen in Verzug. Sie begleichen ihre Rechnungen durchschnittlich um zwei Tage später als im Vorjahr. Und das, obwohl die staatlichen Auftraggeber von den Betrieben eine relativ lange Zahlungsfrist von 32Tagen eingeräumt bekommen.

Factoring-Banken profitieren

Woher kommt diese schlechte Zahlungsmoral des Staates? „Das liegt daran, dass vor allem regionale Unternehmen auf Aufträge der öffentlichen Hand sehr stark angewiesen sind. Der Staat kann es sich in diesen Fällen leisten, bei den Zahlungen säumig zu sein“, kritisiert Johannes Nejedlik, Chef des KSV, vor Journalisten.

Für die Unternehmen ist es äußerst problematisch, wenn die Kunden ihre Rechnungen nicht rechtzeitig bezahlen. Die Betriebe haben nämlich bis zum Eingang der Zahlung weniger Geld in der Kasse oder auf dem Bankkonto. Das hat auch negative Auswirkungen auf die Wirtschaft. In den vergangenen zwei Jahren reduzierten oder strichen die Firmen in 40 Prozent dieser Fälle ihre geplanten Investitionen. In 20Prozent der Fälle bauten sie Mitarbeiter ab.

Profiteure von Kunden, die es mit ihren Rechnungen nicht so genau nehmen, sind die Banken, genauer gesagt die Factoring-Banken. Beim Factoring kaufen Bankinstitute den Unternehmen offene Forderungen ab. Damit kommen die Firmen zwar schneller zu ihrem Geld, sie müssen der Bank aber einen Abschlag (Zinsen und Gebühren) leisten. In Österreich gehören die Intermarket Bank, die VB Factoring Bank, die FactorBank sowie die Raiffeisen Factor Bank zu den größten Anbietern.

Das Geschäft läuft seit Jahren blendend, trotz Wirtschaftskrise. Laut einer Statistik von Factors Chain International haben die Betriebe hierzulande im Jahr 2003 Forderungen im Wert von nur knapp drei Mrd. Euro an Factoring-Banken verkauft. Im Jahr 2009 lag dieser Wert bei über 6,5 Mrd. Euro.

„Staat soll rechtzeitig zahlen“

Die Unternehmen kommt es also teuer, dass Kunden lange Zahlungsfristen in Anspruch nehmen oder ihre Rechnungen unpünktlich überweisen. Aus diesem Grund solle zumindest der Staat seine Rechnungen rechtzeitig begleichen, fordert KSV-Chef Nejedlik. „Dann könnte er sich sogar das eine oder andere Konjunkturprogramm ersparen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2010)

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