Public Management: Abenteuerland Amtsstube

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Mehr Service, weniger Kosten, neue Richtlinien und ungeahnte Vorbildwirkung: Wer in der öffentlichen Verwaltung Karriere machen will, sollte sich gut vorbereiten.

Die Liste an Reformen, die in den letzten Jahren in der öffentlichen Verwaltung umgesetzt wurden ist lang – die Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie, die Universitätsreform oder diverse Organisationsreformen im Finanzministerium sind nur einige Beispiele.

Knappe Ressourcen

Für Experten steht fest: Das war noch lange nicht alles. Ob die 2013 in Kraft tretende Haushaltsrechtsreform des Bundes oder die dringend geforderte Verwaltungsreform – die Anforderungen an Verwaltungsmitarbeiter werden auch in Zukunft zunehmen. Eine Reihe von Weiterbildungsmaßnahmen machen nicht nur Spitzenbeamte fit für neue Herausforderungen.

Nach Angaben der ehemaligen Justizministerin Karin Gastinger, die heute als Director Public Sector bei PricewaterhouseCoopers (PwC) tätig ist, ist Verwaltungs-Know-how nicht zuletzt wegen der Krise heute gefragter als je zuvor. Laut Martin Stieger, Studienleiter bei der World Wide Education Akademie, muss der öffentliche Dienst aufgrund der krisenbedingten Ressourcenknappheit vor allem lernen, effizienter zu arbeiten. Die Welser Akademie bietet seit 2003 das Fernstudium Master of Public Administration (MPA) an, zu dessen Absolventen Oberstleutnant Bernhard Gaber zählte, der heute Chef der „Soko Hypo“ ist. Laut Stieger kommt der Großteil der Studenten aus dem öffentlichen Dienst. Rund zehn Prozent wären Mitarbeiter von Beratungsunternehmen oder Non-Profit-Organisationen (NGOs).

Managementaufgaben

Die heimischen Beamten sieht Stieger in einer besonders schwierigen Situation: „Einerseits wird der Kostendruck von der Politik an die Verwaltung weitergegeben und gleichzeitig verlangen die Bürger ein immer umfangreicheres Service von der Verwaltung.“ Für Christine Leitner, Lehrgangsleiterin des Master of Public Administration der Donau-Universität Krems, sind überhaupt die Anforderungen an Verwaltungsmitarbeiter in den letzten Jahren stark gestiegen: „Die Zusammenhänge sind viel komplexer geworden.“ Zunehmend müssten auch Managementaufgaben übernommen werden. „Nicht zuletzt aufgrund der europäischen Integration ist die Arbeit in der Verwaltung heute oft so wie in einem multinationalen Unternehmen.“

Mit der liebgewonnenen Vorstellung vom gemütlichen Beamtendasein habe das nichts mehr zu tun – davon müsse man sich nun endgültig verabschieden. Für die Verwaltungsarbeit – die stark vom Legalitätsprinzip getrieben wird – ist eine juristische Ausbildung oder zumindest für niederere Positionen entsprechendes Fachwissen besonders wichtig. Entsprechend den neuen Anforderungen sind vor allem Wirtschaftskompetenz und Managementfähigkeiten gefragt.

„Public Administration ist ein interdisziplinäres Studium“, so Leitner. Vermittelt werden unter anderem auch Soft Skills sowie Verständnis für internationale Beziehungen oder Technologie-Know-how. „Insgesamt sollte ein Fokus auf Ergebnis und Wirkung gesetzt werden“, so Sabine Heißbauer, zuständig für das Programm Management des Lehrgangs Masters of Public Management (MPM) der LIMAK Austrian Business School.

Nachhaltigkeit nutzen

Mit dem MPM Public Management sollen laut Heißbauer Führungskräfte aus dem öffentlichen Dienst angesprochen werden. Derzeit wird das berufsbegleitende Studium ausschließlich auf Anfrage und nur für Organisationen – wie aktuell den oberösterreichischen Gebietskrankenkassen – als Inhouseprogramm angeboten. Besonderen Wert wird laut Heißbauer in Linz auf den Praxisbezug gelegt, weshalb auch aktuelle Themen wie der Leistungsvertrag oder das E-Government in den Unterricht einfließen. „Man muss schon über den Tellerrand schauen um zu sehen, wie es wirklich in der Wirtschaft gemacht wird.“ Eine wichtige Rolle in der öffentlichen Verwaltung spielt nach Angaben von Gastinger auch Corporate Social Responsibility (CSR). „Nachhaltigkeit ist gerade in diesem Bereich doppelt wichtig, schließlich muss ja auch mit dem Geld der Steuerzahler gewirtschaftet werden.“ Besonders interessant sei CSR für Kommunen. Städte und Gemeinden wären gerade in Zeiten von immer knapper werdenden Ressourcen gefordert, Stadtentwicklungsstrategien zu formulieren, die eine nachhaltige Wertschöpfung sicherstellen. Dabei gehe es nicht nur um die finanzielle Seite, auch intellektuelles, ökologisches oder soziales Kapital sollten genutzt werden.

Vorbild Verwaltung

Dass das berühmte „Beamtendeutsch“ alles andere als ein Mythos ist, wird von Experten bestätigt – allerdings in einer ungewöhnlichen Funktion als begehrtes Vorbild. „In der öffentlichen Verwaltung wird oft eine andere Sprache gesprochen als in der Privatwirtschaft“, meint etwa Stieger. Er spricht von einem immer stärkeren Interesse privater Unternehmen für den MPA-Lehrgang der Welser World Wide Education Akademie (wwedu). Private würden wissen wollen, wie in der Verwaltung gedacht wird. „Modelle, die in der Privatwirtschaft greifen, sind nicht eins zu eins auf die Verwaltung umzulegen“, so auch Gastinger. Dementsprechend sei das Advisory bei PWC auch zwischen Privatwirtschaft und Public Sector aufgeteilt.

Gastinger schätzt an der Verwaltung die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten. Besonders je älter man werde, und je höher man in der Verwaltungshierarchie stehe, desto mehr Möglichkeiten habe man, sich einzubringen. Dabei wären – entgegen der weitläufigen Meinung – durchaus auch kreative Ideen gefragt. Für junge Berufsanwärter laute die Parole fürs Erste jedoch „durchhalten“. „Die erste Zeit ist nicht die einfachste, man muss sich mit weniger interessanten Aufgaben beschäftigen“, so die ehemalige Politikerin.

Know-how für Georgien

Obwohl die heimischen Beamten in der Öffentlichkeit bekanntlich mit Imageproblemen zu kämpfen haben, genießt österreichisches Verwaltungs-Know-how im Ausland einen ausgezeichneten Ruf. Viel Beachtung finden etwa das heimische Grund- und Firmenbuch oder E-Government-Lösungen. Auch der Know-how-Transfer ist auf Schiene: So hat unter anderem die Welser wwedu die Ausbildung der österreichischen Standesbeamten für ihre georgischen Kollegen adaptiert. Derzeit nimmt das Welser Institut gemeinsam mit dem Klinikum Wels-Grieskirchen an einer Ausschreibung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für einen Fernlehrgang teil. Damit soll der Aufbau von vom Tsunami zerstörten Krankenhäusern nach neuesten Verwaltungsstandards möglich gemacht werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.09.2010)

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