Verkehr

Abbiegeassistent-Pflicht für Wien rechtswidrig? SPÖ und Grüne uneinig

PK OeAMTC 'TOTER WINKEL LKW'
PK OeAMTC 'TOTER WINKEL LKW'APA/HANS KLAUS TECHT
  • Drucken

Die angekündigte Verordnung sei nicht "EU-konform“, sagte die neue Wiener Verkehrsstadträtin Sima und erteilte der von ihrer Vorgängerin Birgit Hebein geplanten Pflicht eine Absage. Die Wiener Grünen wehren sich.

Ab Jänner 2021 hätte in Wien eigentlich über eine gesetzliche Regelung das Rechtsabbiegen für alle schweren Lkw ohne Abbiegeassistent verboten werden sollen - doch das wird nun nicht realisiert. "Was am Tisch liegt, ist nicht EU-konform", gab die neue Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) in der ORF-Sendung "Wien heute" bekannt. Das habe vor allem rechtliche Gründe, meinte Sima. Nicht nachvollziehen können dies die Wiener Grünen. Ihnen zufolge habe die EU keine Einwände gehabt.

Ab Jänner hätte eigentlich die Verordnung zum Pflicht-Abbiegeassistenten in Wien Kraft treten sollen. Vorgesehen war ein Rechtsabbiegeverbot in Wien für alle Fahrzeuge über 7,5 Tonnen, die kein Assistenzsystem eingebaut haben. Das wäre einem De-Facto Fahrverbot für nicht nachgerüstete Fahrzeuge im Stadtgebiet gleich gekommen.

„Reihe von Bedenken"

Den entsprechenden Verordnungsentwurf hatte Simas Vorgängerin, die frühere Verkehrsstadträtin Birgit Hebein (Grüne), an die EU geschickt. Vonseiten der Europäischen Kommission habe es einen Einspruch gegeben, erklärte Sima auch am Dienstag. Konkret wurden in der Stellungnahme "eine ganze Reihe von Bedenken" geäußert. So gibt es etwa wettbewerbsrechtliche Bedenken oder auch Befürchtungen zu negativen Auswirkungen auf die Umwelt, wie aus den Anmerkungen der Europäischen Kommission hervorgeht, die der Austria Presse Agentur teilweise vorliegen.

Außerdem seien weniger einschränkende Mittel im Vorfeld nicht geprüft worden, hieß es weiters. Dies sei ein wichtiger Punkt: Bevor man so einen "extremen" Schritt wie ein Totalverbot setzt, müssten zunächst alle anderen möglichen Alternativen ausgeschöpft werden, damit die Maßnahme auch vor Höchstgerichten standhalte. Das sei aber unter Hebeins Ägide nicht geschehen, so Sima: "All diese Vorschritte sind einfach ausgelassen worden. Man hat gesagt, man macht gleich ein Verbot. Und die Wahrscheinlichkeit, dass man da Schiffbruch erleidet, ist sehr groß."

Kreuzungen entschärfen

Die Stadt wird daher nun die Vorschläge der EU aufgreifen. In einem nächsten Schritt sollen konkrete Kreuzungen, wo es besonders erhöhte Gefahrenmomente gibt, überprüft und entschärft werden - wobei dies die MA 46 (Verkehrsorganisation und technische Verkehrsangelegenheiten) schon tue. Wichtig sei es jedenfalls, eine gute Lösung zu finden, die rechtlich hält und die Verkehrssicherheit erhöht, wie betont wurde.

Außerdem will Sima das Gespräch mit Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) suchen. "Grundsätzlich ist es immer schwierig, sich als einzelnes Bundesland gegen Vorgaben der Europäischen Union zu stemmen. Da sind wir, wenn man so will, eine Nummer zu klein." Weiteres wird an der bereits begonnenen Umrüstung des Fuhrparks der Stadt weiter festgehalten. 150 Fahrzeuge sind bereits mit Abbiegeassistenten nachgerüstet worden, pro Woche kommen zehn weitere dazu. Bis spätestens Frühling sollen alle Fahrzeuge mit damit ausgestattet sein.

Grüne wehren sich

Die Wiener Grünen  - deren Chefin Birgit Hebein bis vor einer Woche das Verkehrsressort geleitet hat - haben die indirekte Kritik Simas zurückgewiesen. Die EU habe keine Vorbehalte mehr gegenüber einem Rechtsabbiegeverbot für Lastwagen ohne Abbiegeassistenten, sagte Mobilitätssprecher Kilian Stark am Dienstag. Hebein habe den fertigen Verordnungsentwurf im Jänner 2020 an die EU zur Notifizierung geschickt. Aus Brüssel gab es eine Stellungnahme mit einzelnen Bedenken, auf die im Verordnungsentwurf eingegangen worden sei

Da von der EU keine weitere Stellungnahme - "geschweige denn ein Einspruch" - kam, gebe es keinen Hinderungsgrund für eine Einführung des Abbiegeassistenten, versicherte er: "Wir dürfen die Einführung des Abbiegeassistenten nicht weiter auf die lange Bank schieben. Jedes weitere Zuwarten gefährdet Menschenleben." Wien könne hier handeln, tue es aber nicht.

FPÖ sieht sich bestätigt

Die FPÖ sieht sich hingegen bestätigt. Der frühere FP-Verkehrsminister Norbert Hofer habe 2019 erklärt, dass der Abbiegeassistent für Lkw in Österreich nicht vorgeschrieben werden könne, da dies gegen Europarecht verstoßen hätte. "Trotzdem war Norbert Hofer fortan die Zielscheibe einer Schmutzkübelkampagne. Manche politischen Gegner gaben Hofer die Schuld für jeden Menschen, der in Zukunft bei einem Unfall mit einem abbiegenden Lkw zu Schaden kommt. Die Vehemenz und Menschenverachtung der damaligen Kampagne war beispiellos", klagte FPÖ-Verkehrssprecher Christian Hafenecker in einer Aussendung.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.