Atomkrieg

Russisches "Weltuntergangs-Flugzeug" ausgeplündert

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Auf einem Flugfeld im südrussischen Taganrog klauten Unbekannte elektronische Bauteile aus einer Spezialvariante einer Iljuschin, die bei einem Atomkrieg als fliegender Gefechtsstand und Fluchtort der Staatsspitze dienen würde. Für das Militär ist die Sache sehr peinlich.

Im Süden Russlands hat sich offenbar ein für das Militär hochnotpeinlicher Zwischenfall ereignet: Laut Berichten von Medien und Polizei sind Unbekannte vor Tagen auf einem Flugfeld bei der Stadt Taganrog am Asowschen Meer in ein Flugzeug eingedrungen, das im Fall eines Atomkriegs als fliegender Gefechtsstand sowie Zufluchtsort für die oberste Führung von Staat und Militär dienen würde, mithin also auch für den Präsidenten.

Aus diesem „Weltuntergangsflugzeug" wurden zahlreiche Objekte mitgenommen, darunter elektronische Teile und Speicher. In einem Bericht ist von 39 Elektronikteilen die Rede; Details dazu gab es nicht, interesssanterweise will die lokale Polizei den materiellen Wert der Beute mit umgerechnet mehr als 11.000 Euro beziffern können.

Es gibt die Vermutung, die Täter seien nicht an der Technologie oder womöglich wichtigen Daten in den Teilen interessiert, sondern rein an den Anteilen an Gold und Platin darin. Die Unbekannten seien jedenfalls über die Frachtluke eingedrungen. Ob sie diese mit Gewalt knackten, Schlüssel besaßen oder die Luken offen waren, ist unklar. Mittlerweile seien Finger- und Schuhabdrücke in dem Flieger genommen worden.

Die Plünderung wirft Fragen über die Sicherheit russischer Militäreinrichtungen auf. Berichten zufolge stand das vierstrahlige Flugzeug zu Wartungsarbeiten auf dem Gelände des Wissenschaftlich-Technischen Komplexes für Luftfahrt in Taganrog, er gehört zum Flugzeughersteller Berijew. Taganrog ist nur etwa 50 Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt, wo sich allerdings von prorussischen Rebellen kontrollierte Gebiete befinden.

Iljuschin Il-80 „Maxdome"

Bei dem Flugzeug handelt sich demnach um eine Iljuschin Il-80, Nato-Code: „Maxdome", eine modifizierte Variante der zivilen Il-86. Soweit bekannt, wurden Ende der 1980er-Jahre zu Zeiten der UdSSR vier solcher Spezial-Iljuschins gebaut. Westlichen Fotografen gelangen 1992 erste Fotos davon.

Leonid Faerberg (transport-photo.com)/GNU Free Documentation License, Version 1.2

Die Il-80 (auch: Il-86WKP, Il-87) ist als Schutz vor radioaktiver Strahlung und elektromagnetischen Impulsen durch Kernexplosionen (solche können Elektronik beschädigen und zerstören, weil sie in ihnen einen starken Strom induzieren) besonders gehärtet, etwa durch abschirmende Materialien. Die Maschinen haben keine Fenster bis auf jene des Cockpits, das soll auch verhindern, dass Insassen durchs grelle Licht einer Atomexplosion geblendet werden.

Kommunikation mit den Atomstreitkräften

Mit speziellen Kommunikationseinrichtungen sollen die fliegenden Kommandoposten für den Weltuntergang Kontakt zu den Streitkräften halten, nicht zuletzt zu den strategischen Raketentruppen mit ihren bodengestützten Atomraketen, den Atombombern der Luftwaffe und den strategischen U-Booten der Flotte.

Das zivile Basismodell Il-86 hat Platz für 234 bis 350 Passagiere - die „Weltuntergangsversionen" sind innen komplett anders aufgeteilt und werden nur einen Bruchteil davon unterbringen können. Die Reichweite beträgt etwa 5000 Kilometer. Bei der modifizierten Version ist durch Einsatz von Lufttankern prinzipiell ein zumindest mehrtägiges Verweilen in der Luft möglich; es gibt zusätzliche Stromgeneratoren, besonders starke Scheinwerfer für Landungen in unsicherem Gebiet, verstärktes Fahrwerk, etc. Das Auffälligste am Erscheinungsbild ist der Kanu-artige Aufbau am vorderen Rumpfrücken, in dem die wichtigsten Kommunikationssysteme bzw. Antennen sein dürften.

Die Il-80 bzw. deren Versionen sind normalerweise in der Nähe von Moskau stationiert. Aktuell sollen nur drei der vier im Dienst sein, zudem ist ihre baldige Ablöse durch ein modernes Modell von Iljuschin geplant.

U.S. Air Force

Nur die USA besitzen erklärtermaßen ähnliche Flugzeuge für einen Atomkrieg (im Falle Chinas etwa oder Israels ist das aber auch schon möglich). In den USA dienen modifizierte Boeing 747-200 unter der Bezeichnung Boeing E-4 (siehe oben) als „Doomsday Planes", die den Präsidenten und andere Top-Funktionäre befördern sollen. Von ihnen wurden ebenfalls vier Stück gebaut. Diese sind mit jenen zwei modifizierten 747, die jeweils gemeinhin als „Air Force One" bekannt sind und für gewöhnliche Flugreisen des Präsidenten oder für militärisch relevante Flüge unterhalb eines Atomkriegs dienen, nicht zu verwechseln.

(Reuters/Wolfgang Greber)

(Reuters/Wolfgang Greber)

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