Leitartikel

Europa muss gegenüber Irans Unrechtsregime rote Linien ziehen

Ruhollah Zam, a dissident journalist who was captured in what Tehran calls an intelligence operation, is seen during his trial in Tehran
Ruhollah Zam, a dissident journalist who was captured in what Tehran calls an intelligence operation, is seen during his trial in TehranVIA REUTERS
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Der Iran lässt Journalisten entführen und hinrichten, hortet ausländische Gefangene wie Geiseln. Wie lange wollen Österreich und die EU noch zusehen?

Ganz hat die europäische Diplomatie ihr Rückgrat noch nicht verloren. Nach der Hinrichtung des iranischen Journalisten Ruhollah Sam konnte und wollte die EU zunächst nicht zur Tagesordnung übergehen. Sie ließ ein für Montag angesetztes europäisch-iranisches Wirtschaftsforum platzen. Irans Außenminister, Javad Zarif, und der EU-Außenbeauftragte, Josep Borrell, hätten bei der Internet-Konferenz vor Hunderten Unternehmensvertretern die Eröffnungsreden halten sollen; zur ersten Diskussionsrunde waren die Botschafter Frankreichs, Deutschlands, Italiens und auch Österreichs geladen. Einfach weiter übers Geschäft zu reden, als ob nichts geschehen wäre, erschien nach der skandalösen Exekution in Teheran dann doch nicht angemessen. Die virtuelle Zusammenkunft und Warenschau wurden zumindest verschoben.

Der Fall Sam wirft ein exemplarisches Schlaglicht auf das iranische Unrechtssystem.

Ruhollah Sam, der Sohn eines iranischen Reformklerikers, lebte seit 2009 im französischen Exil. Dort betrieb er eine Nachrichtenplattform namens AmadNews, die im Iran wegen ungeschminkter Berichte über die Machenschaften des Regimes populär war. Der Kanal spielte auch eine wichtige Rolle als Informations- und Vernetzungsmedium bei den Protesten, die Ende 2017 in der Islamischen Republik aufflammten. Und das verzieh man Ruhollah Sam in Teheran nie. Im September 2019 wurde der Blogger offenbar in den Irak gelockt, von den iranischen Revolutionsgarden entführt und nach Teheran verschleppt. Im Juni verurteilte ihn ein Gericht wegen Anstiftung zur Gewalt und Landesverrat zum Tod. Zuvor hatte er in einem öffentlichen Geständnis, zu dem das Regime politische Gefangene gerne unter Folter zwingt, erklären müssen, für den französischen und den israelischen Geheimdienst spioniert zu haben. Der Prozess war eine einzige Farce. Am Samstag vollstreckten Scharfrichter das Urteil: Sie hängten den 47-Jährigen auf.

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