Was wäre Silvester ohne Kultur? Viele Häuser bieten ein tolles Programm im Netz. Von interaktivem Theater bis zu Geisterkonzerten. Ein kleiner Überblick.
Wie viel physische Präsenz braucht Kultur? Silvester ist normalerweise ein begehrtes Datum für Kulturevents aller Art, heuer ist alles anders. Die Sektkorken werden wohl eher auf der heimischen Couch knallen. Und doch auch, vielleicht, im Burgtheater. Mit "Die Maschine in mir" vom irischen Regieduo Dead Centre bereitet das Haus eine interaktive Silvesterproduktion vor: Die Zuseher sollen vorab Videos aufnehmen, die auf Tablets im Kasino zu sehen sind. Im Stück, einem Monolog von Michael Maertens, geht es dann um die Überwindung des menschlichen Körpers und die Sehnsucht nach dem ewigen Leben. Da ist das Publikum dann mittels Livestream dabei (Premiere am 31. Dezember, 18 Uhr im Kasino, Übertragung via Live-Stream).
Wer's verspielter mag, switcht nach München: Das Theater am Gärtnerplatz streamt zu Silvester die vor genau einem Jahr (am 31. 12. 2019) uraufgeführte und hochgelobte Revueoperette "Drei Männer im Schnee". Thomas Pigor hat das Libretto nach dem Roman von Erich Kästner geschrieben. Es kommen darin vor: Berge, Millionäre, Skifahrer, ein Grandhotel und Liebespaare. Die Musik dazu ist herrlich nostalgisch und mitreißend. "Drei Männer im Schnee haben eine Idee, wir gründen jetzt ein Schneemanngründungskomitee" ist einer der Ohrwürmer, den die drei Hauptdarsteller gemeinsam trällern. Inszeniert hat Josef Köpplinger. Und auch die Besetzungsliste strotzt vor Österreichern Julia Sturzlbaum als Hilde Tobler, Eduard Wildner als Portier Polter, Sigrid Hauser als Frau Calabr , Florian Sebastian Fitz als Tierhändler Seidelbast, Alexander Moitzi als Emir von Bahrain, Laura Schneiderhahn und Florine Schnitzel als Zimmermädchen (Livestream am 31. 12., 18 20.45 Uhr).
Spektralfarben einer Stadt
Einen Silvesterklassiker zeigt die Wiener Staatsoper: "Die Fledermaus" wird am 31. 12. live für die Kameras des ORF gespielt. Unter der musikalischen Leitung von Cornelius Meister sind in der Fledermaus u. a. Georg Nigl in seinem Staatsopern-Rollendebüt als Gabriel von Eisenstein, Camilla Nylund als Rosalinde, Jochen Schmeckenbecher als Frank und Peter Simonischek als Frosch zu erleben. Außerdem kommt ein prominenter Überraschungsgast: Starsopranistin Asmik Grigorian, die im September mit der "Madama Butterfly"-Premiere an der Staatsoper debütierte (ORF III zeigt "Die Fledermaus" am Silvesterabend um 20.15 Uhr in der Reihe "Wir spielen für Österreich").
Auch musikalisch, auch sehr wienerisch aber dennoch ganz anders lässt sich mit dem Muth-Livestream Silvester feiern: Viel Atmosphäre bringen die "Strottern" (Klemens Lendl & David Müller) ins heimische Wohnzimmer. Sie musizieren die strahlendsten Spektralfarben einer Stadt hervor, dass Licht und Herz aufgehen. Und Peter Ahorner spricht über das schwarz-zuckerl-rosa Gefühl, hier zu leben. Mit dieser Musik gelingt auch der Walzer besser denn je!
Eine langjährige Tradition führt auch das Wiener Konzerthaus im Stream fort: Das Jahr endet und beginnt dort mit Beethovens 9. Sinfonie wohl kein anderes Werk wird so sehr mit Freude und Feierlichkeit assoziiert. Spätestens wenn der atemberaubende Finalsatz erklingt, wird das neue Jahr willkommen geheißen. Beethovens letzte Symphonie ist vollgepackt mit Gefühlen von Sehnsucht bis Ekstase, von größter Spannung bis zu jauchzendem Glück. Zu sehen ist eine Aufzeichnung aus dem Vorjahr, es spielen die Wiener Symphoniker unter Andrés Orozco-Estrada (20Uhr).
Macht des Schicksals
Vor leeren Rängen findet heuer das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker im Wiener Musikverein statt. Es dirigiert Riccardo Muti, das bereits im Februar fixierte Programm, heuer stark auf die Strauß-Dynastie fokussiert, bleibt unangetastet. "Wir können da jetzt auch nichts mehr ändern", sagt Philharmoniker-Vorstand Daniel Froschauer. Eventuell fließe die aktuelle Corona-Erfahrung in das Konzert 2022 ein: "Vielleicht findet man einen Pest-Walzer, damit man rückblickend auf die Pandemie schaut."
Wer vom Donauwalzer nicht genug bekommen kann, darf am 3. Jänner (11.05 Uhr, ORF2) den Stream des Festspielhauses St. Pölten nicht verpassen. Hier übermittelt das Tonkünstler-Orchester unter Alfred Eschw musikalische Neujahrsgrüße, eröffnet wird das Konzert passenderweise mit Giuseppe Verdis Ouvertüre zur Oper "Die Macht des Schicksals".
Tipp
Auf folgenden Websites findet Silvester virtuell statt: www.burgtheater.at, www.gaertnerplatztheater.de, www.muth.at, www.konzerthaus.at.