burgund
Geschichte

Historiker Van Loo: "Burgunds Propaganda war ein Akt der Schönheit"

Der Historiker Bart Van Loo hat mit „Burgund“ einen Bestseller in Frankreich, Belgien und den Niederlanden verfasst. Im „Presse"-Interview erklärt er, wieso vier spätmittelalterliche Herzöge noch heute prägend für Europa sind.

Die Presse: Was hat Sie veranlasst, vier Jahre an einem Buch über lang vergessene Herzöge von Burgund zu arbeiten?

Bart Van Loo: Einerseits ein persönlicher Grund. Als ich klein war, hatten wir sehr wenige Bücher zu Hause. Aber es gab eine Serie historischer Bücher namens „'s Lands Glorie“: Auf bestimmten Lebensmitteln im Supermarkt waren Bilder, die konnte man sammeln und in diese Bücher einkleben. Das war natürlich sehr belgizistisch, quasi unser nationaler Mythos. Das Bild etwa, welches die Kreuzritter dabei zeigte, wie sie Jerusalems Stadtmauer einnahmen, hatte die Bildunterschrift: „Und so nahmen die Belgier Jerusalem ein.“

Aber es gab da ein fantastisches Bild, welches den Untergang des Herzogtums Burgunds und den Tod von Karl dem Kühnen 1477 vor Nancy illustrierte: eine Schneefläche, zwei Personen, die sich einem dunklen Fleck näherten, der sich erst bei genauem Hinsehen als Karls Leiche herausstellte. Und die Beschreibung dieser Szene lautete: „Seine Gesicht war von Wölfen gefressen worden.“ Als ich 13, 14 Jahre alt war, hat mich das tief beeindruckt.

Und der andere Grund?

Das war eine gewisse Frustration. Man hatte mir stets erklärt: Unsere nationale Geschichte begann mit der Trennung des Nordens vom Süden, sprich, aus dem Norden wurden die Niederlande, aus dem Süden Belgien. Das fand ich frustrierend, denn es bedeutet, dass unsere Geschichte mit der spanischen Herrschaft, den Glaubenskriegen, dem Aufstand der Calvinisten und Lutheraner und der Flucht der reichen, intellektuellen Leute aus Antwerpen nach Amsterdam begann. Dieser Verlust ist traurig. Und zugleich suggeriert diese Trennung, dass wir zuvor ja gemeinsam waren. Also stürzte ich mich in die Historiografie, und ich entdeckte diese Epoche, die wir fast völlig vergessen haben: nämlich das burgundische Zeitalter.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.