Animationsserie

„Star Trek: Lower Decks“: Intergalaktische Durchschnittsjobs

Star Trek Lower Decks
Star Trek Lower DecksAmazon Prime Video
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Eine neue Zeichentrickserie aus dem „Star Trek"-Universum rückt die niederrangigen Weltraum-Schanis ins Licht – in Form einer leichtherzigen Bürokomödie. Das funktioniert besser, als es sollte.

Das Universum ist groß. Manche munkeln gar von unendlichen Weiten. Anders die Popkultur-Universen, in denen sich seit geraumer Zeit ein nicht unbeträchtlicher Teil zeitgenössischer Film-, Fernseh- und Streamingunterhaltung abspielt – diese wirken bisweilen sehr beengend. Wie oft kann man im Rahmen von „Star Wars“ Licht(-schwerter) gegen Finsternis antreten lassen, bevor der manichäische Bahöl auf die Nerven fällt? Wie viele Weltuntergänge können die „Avengers“ abwenden, bevor die Menschheit ihnen gelangweilt den Rücken zukehrt?

Die Antwort lautet: ziemlich viele, ziemlich oft. Doch die Verantwortlichen wissen, dass sie ihren Erzählhorizont erweitern müssen, wenn die Vorherrschaft ihrer Kardinalmarken Bestand haben soll. Immer mehr Serienexperimente loten daher die narrativen Grenzen von imaginären Welten aus, deren Sujetfundus auf der großen Leinwand längst ausgeschöpft scheint. Disney steckte „Star Wars“ mit „The Mandalorian“ ins Western-Gewand. Und erntete erheblichen Erfolg. Kürzlich startete „WandaVision“ auf dem Streamingportal des Studios – der Versuch einer doppelbödigen Superhelden-Sitcom.

Am Freitag läuft nun (mit mehrmonatiger Verspätung zum US-Veröffentlichungstermin) das jüngste Beispiel einer solchen Genre-Erweiterung auf Amazon an: „Star Trek: Lower Decks“. Dabei handelt es sich um eine Zeichentrickkomödie aus der „Raumschiff Enterprise“-Galaxie. Keine Verballhornung, sondern eine eigenständige Sendung mit eigenständigen Figuren – nur eben lustig und animiert.

Schon das Konzept klingt wie das Ergebnis einer Witzelei unter Trekkies (sprich: „Star Trek“-Fans): Wie sieht eigentlich der Alltag jener Weltraumbesatzungsmitglieder aus, die sich nicht auf der Kommandobrücke mit kosmischen Komplikationen herumschlagen müssen? Der Schanis, die irgendwo im Unterleib eines drittklassigen Sternenkreuzers Turbolifte reparieren, Holodecks schrubben und Logbücher korrekturlesen?

Wie „The Office“, nur mit Aliens

Hier lernen wir unsere Hauptfiguren kennen: die Fähnriche Boimler (Jack Quaid) und Mariner (Tawny Newsome). Ein klassisches Gegensatzpaar: Er ein diensteifriger Paragrafenreiter, sie eine freigeistige Abenteurerin – und die Tochter des Kapitäns (Dawnn Lewis). Während Boimler sich verbissen darum bemüht, Eindruck bei seinen Vorgesetzten zu schinden, treibt Mariner diese mit ihrem ungebärdigen Naturell auf die Palme. Zusammen mit den munter-nerdigen Ingenieuren Tendi (Noël Wells) und Rutherford (Eugene Cordero) bestreiten sie die mannigfaltigen Anfechtungen ihres intergalaktischen Durchschnittsjobs.

Im Grunde ist „Lower Decks“ nämlich ein ganz normaler Büroschwank, Weltraum-Setting zum Trotz. Es geht um Arbeitsklima, Stress und Teammentalität, um Ehrgeiz und Neid im Zusammenhang mit Hierarchien und Zuständigkeiten, um Freundschaften und Rivalitäten unter Kollegen: ein bisschen wie „The Office“, nur mit Aliens. Dass das auf Anhieb ganz passabel funktioniert, liegt auch an Parallelen zwischen den militärischen Aspekten des „Star Trek“-Systems und denen US-amerikanischer Unternehmenskultur: Oberexekutivoffiziere gibt es da wie dort.

„Star Trek“ war Possenhaftigkeit nie abgeneigt

Entwickelt wurde „Lower Decks“ von Mike McMahan, der zuvor an der Kult-Trickserie „Rick and Morty“ mitwirkte. Das scheint im Animationsstil und im rasanten bis hyperaktiven Erzähltempo durch. Ebenso im Hang zu absurden, grotesken oder abgründigen Sci-Fi-Eskalationen. Generell bleibt „Lower Decks“ aber heiter und leichtherzig, wartet gar mit erbaulichen Botschaften in bewährter Sitcom-Manier auf. Was auf seine Art durchaus zu „Star Trek“ passt. Denn bevor Serien wie „Discovery“ und „Picard“ den Kurs in der legendären Weltraumwelt auf Actiondrama setzten, hatte sie kein Problem mit dramaturgisch leichter Kost – und war auch Possenhaftigkeit nicht abgeneigt.

Insofern bietet „Lower Decks“ eingefleischten Enterprise-Fans (die hier reichlich mit augenzwinkernden Anspielungen auf ihre Lieblingsmythologie versorgt werden) ebenso Anschluss wie Zuschauern, die Kirk und Spock nicht auseinanderhalten können. Falls einen die teilweise etwas verkrampfte Aufgekratztheit der Show nicht abstößt, hat sie durchaus das Zeug zum vorübergehenden Stimmungsheber. Und die Mission, das „Star Trek“-Universum um ein paar Quadranten zu erweitern, erfüllt sie auf jeden Fall.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2021)

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