Lehrerbewertung

Lehrer scheitert gegen App „Lernsieg“ vor Gericht

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Der Richterin zufolge herrscht ein "berechtigtes Interesse von Schülern, Eltern und der Öffentlichkeit". Die Gewerkschaft erwägt Berufung.

Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien hat die erste Musterklage gegen die umstrittene Lehrerbewertungs-App „Lernsieg“ abgewiesen. Die App stelle Lehrer an den digitalen Pranger, so der Vorwurf des Lehrers. Die Schüler bekämen durch „Lernsieg“ eine hörbare Stimme, sagt der Ideengeber der App, Benjamin Hadrigan. Der Richterin zufolge gebe es ein „berechtigtes Interesse von Schülern, Eltern und Öffentlichkeit“ an der Bewertungs-App.

Zur Vorgeschichte: Der Schüler Benjamin Hadrigan entwickelte eine App, mit der Schüler in Österreich ihre Schulen sowie auch ihre Lehrer in verschiedenen Kategorien bewerten können. Von der Ausstattung des Klassenzimmers bis hin zu den notwendigen Supplierungen können Sterne (insgesamt fünf) vergeben werden. Selbst das Engagement der Schulen bei der „Fridays for Future“-Bewegung zählt zu den Kriterien. Bei den Lehrern wird die Fähigkeit zur Vermittlung des Lernstoffs, aber auch die Motivation, Geduld, Vorbereitung und selbst die Pünktlichkeit abgefragt. In den vergangenen Monaten erfolgte eine völlige Überarbeitung der App, inklusive Kommentarfunktion und Vergleichsfunktion.

„Kein Lehrerbashing“

Schon bei der Präsentation der App im November 2019 betonte der damals 17-Jährige, dass es nicht seine Intention sei, „Lehrerbashing“ zu betreiben. Vielmehr gehe es ihm darum, gute Lehrer vor den Vorhang zu holen und auch den Schülern eine Stimme zu geben und sie ernst zu nehmen. Argumente, die die Lehrer sowie Lehrergewerkschafter Paul Kimberger nicht gelten lassen wollen. Sie sehen Persönlichkeitsrechte und den Datenschutz verletzt.

Ersteres wurde jetzt mit Verspätung, bedingt durch die Pandemie, am Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen entschieden. Der Kläger, selbst mit nur einer mittelmäßigen Bewertung von 2,9 auf „Lernsieg“ vertreten, sah unabhängig von der datenschutzrechtlichen Seite seine Persönlichkeitsrechte verletzt und machte zivilrechtliche Ansprüche geltend.

Eine Ansicht, die das Gericht nicht teilt. Das berechtigte Interesse von Schülern, Eltern, aber auch der breiten Öffentlichkeit, das Grundrecht auf Meinungs- und Informationsfreiheit im Rahmen der App auszuüben, überwiege gegenüber den Interessen des Klägers, heißt es in der schriftlichen Urteilsbegründung. Die Verarbeitung der personenbezogenen Daten des Klägers im Rahmen der App sei daher ein berechtigtes Interesse im Sinne der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Ein Missbrauch der Bewertungsplattform sei zwar nicht auszuschließen, der Gefahr unsachlicher Bewertungen werde jedoch durch Maßnahmen wie etwa die vorherige Verifizierung der Telefonnummer entgegengewirkt. Damit müssen sich Schüler verifizieren, um eine Bewertung abgeben zu können. So werde sichergestellt, dass jeder Schüler auch tatsächlich eine Stimme hat.

Missbrauch unterstellt

Schülern, so die Richterin in ihrem Urteil, sollte zudem nicht pauschal eine missbräuchliche Benutzung unterstellt werden. Durch den Ausschluss von Volks- und Sonderschulen sei zudem eine „gewisse geistige Reife“ der User sichergestellt, Missbrauchsfälle seien eher die Ausnahme.

„Die Strategie der Lehrergewerkschaft GÖD, uns mit einer Flut an Klagen beschäftigt zu halten, mundtot zu machen und finanziell auszubluten, ist damit kolossal gefloppt“, kommentierte App-Erfinder Benjamin Hadrigan die Entscheidung am Donnerstag. Insgesamt sind noch drei weitere Zivilklagen sowie auch 17 Datenschutzverfahren anhängig. „Über 400.000 Downloads unserer App dokumentieren das enorme Interesse der Schülerinnen und Schüler“, erklärte Hadrigan.

(bagre)

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