Literatur

Die Macht der Verleumdung

Alissa Ganijewa hat viele Talente: Die Schriftstellerin ist auch als Literaturkritikerin und TV-Moderatorin tätig.
Alissa Ganijewa hat viele Talente: Die Schriftstellerin ist auch als Literaturkritikerin und TV-Moderatorin tätig.Kutueva Mariya
  • Drucken

Alissa Ganijewas Groteske „Verletzte Gefühle“ über die politisch-persönlichen Verstrickungen in einer russischen Provinzstadt ist schrill. Und liest sich stellenweise erschreckend real.

Die Stadt N. steht in der russischen Literatur für ein x-beliebiges Provinzstädtchen. In Nikolaj Gogols „Revisor“ liegt dieses Städtchen irgendwo zwischen Pensa und Saratow. In der Pampa also. Auch Anton Tschechow beschrieb namenlose Orte, um ihre dumpfe Durchschnittlichkeit zu betonen. Andere wählten das neutrale N. (oder Abwandlungen wie „Ensk“), um keinen Ortsnamen nennen zu müssen: So konnte man in früheren Zeiten die Zensur trollen. Die Stadt N. zieht sich wie ein epochenübergreifendes Zitat durch die russische Literatur. Auch Alissa Ganijewa führt die Leser in ihrem Roman „Verletzte Gefühle“ in eine namenlose Regionalhauptstadt. Ganijewas Buch handelt von dunklen Machenschaften, von Misstrauen und der Macht der Denunziation. Eine Geschichte, die überall passieren könnte.


Andrej Ljamzin, Regionalminister für wirtschaftliche Entwicklung, wird tot aufgefunden. „Plötzlicher Herzstillstand“, sagen die Gerichtsmediziner, wenn auch unter sonderbaren Umständen. Nikolaj, Angestellter in der Beschaffungsabteilung einer Baufirma, wird zum Zeugen seiner letzten Lebensmomente. Dann wird er als „Mörder“ beschuldigt. Kurz darauf stirbt er bei einem Autounfall. War es wirklich nur ein Unfall, zurückzuführen auf die „Schlampereien des Straßendienstes“?

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.