Lerski, Verwandlungen durch Licht, 1935/36, fotografiert in Tel Aviv (Ausschnitt)
Ausstellung

„Faces. Macht des Gesichts“ in der Albertina: Von wem die Nazis klauten

Viermal verschoben, ist die Ausstellung „Faces. Macht des Gesichts“ in der Albertina nun endlich zu sehen. Sie stellt die Ästhetik der Foto-Avantgarde der Weimarer Republik vor.

Dieses hart modellierte, heroisch wirkende Männergesicht in Nahaufnahme kommt einem verdächtig bekannt vor. So skulptural und entindividualisiert, wie es wirkt, verortet man es automatisch in der Ästhetik des Nationalsozialismus. Und liegt damit völlig falsch.
Die Falle ist vom Fotografie-Kurator der Albertina, Walter Moser, geschickt gestellt. Rund um den bedeutenden, allgemein aber zu wenig bekannten Fotografen und Filmemacher Helmar Lerski, als Sohn polnisch-jüdischer Auswanderer 1871 in der Schweiz geboren, erzählt er in der neuen Fotoausstellung „Faces. Die Macht des Gesichts“ die Stilgeschichte, aus der die Nazis sich schamlos bedienen sollten: die fotografische Avantgarde der Weimarer Republik, der Zwischenkriegszeit in Deutschland.

Nachlass Lerski, Museum Folkwang Essen

Damals begannen Fotografen wie Lerski, der zuvor als Schauspieler in den USA unterwegs war, Künstler aus dem Bauhaus-Umfeld und auffällig viele Frauen, die in den 1920er-Jahren die Fotografieszene für sich entdeckten, das traditionelle Porträt zu dekonstruieren. Inhaltlich wie formal: Es ging nicht mehr darum, die Persönlichkeit des Dargestellten abzubilden. Er wurde Projektionsfläche der eigenen künstlerischen Vision. Fotografinnen wie Marta Astfalck-Vietz schlüpften dafür auch selbst in unterschiedliche Frauenrollen und gehen so als Vorläuferinnen einer Cindy Sherman durch.

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