Opernkritik

In der Oper schmilzt das Eis: "Jenůfa"-Premiere in Berlin

Unter dem Meteoriten aus Eis: Stuart Skelton, Evelyn Herlitzius und Camilla Nylund in „Jenůfa“ in Berlin.
Unter dem Meteoriten aus Eis: Stuart Skelton, Evelyn Herlitzius und Camilla Nylund in „Jenůfa“ in Berlin.Staatsoper Berlin/Bernd Uhlig
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Simon Rattle dirigierte in der Lindenoper „Jenůfa“ mit Camilla Nylund in Damiano Michielettos analytisch-karger Inszenierung.

Am Schluss steht die Küsterin im sprichwörtlichen Regen. Ein riesiger Eisblock droht wie ein Meteorit von oben, schmilzt und tröpfelt. Das Eis, in dem die Leiche von Jenůfas Kind entdeckt wurde, als Chiffre: Die Wahrheit kommt ans Licht. Die Küsterin als Kindsmörderin hat ihr Leben verwirkt, die dörfliche Moral ist im Eimer.

Starke, aufrüttelnde Bilder hat sich der venezianische Regisseur Damiano Michieletto für die Neuproduktion von Leoš Janáčeks „Jenůfa“ an der Berliner Staatsoper einfallen lassen. Er ist kein kahlschlagender Junger Wilder, eher ein Analytiker, der entromantisiert und entrümpelt. So ist seine „Jenůfa“-Bühne frei von böhmischem Folklorekitsch und kaum gegenständlich. Nur ein überladener Hausaltar steht in der Weite des kahlen, düsteren Raums für die Bigotterie der Gesellschaft, die weiße Wiege von Jenůfas Kind genügt als Signal für eine neue Zukunft. Hinter dem Prospekt aus Glaswänden und Plastikstäben zaubert ein virtuoses Lichtdesign Atmosphäre und Stimmungen.

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