Der Nazis neue Kleider: Imageproblem "rechte" Marke

Nazis neue Kleider rechts
Nazis neue Kleider rechts(c) AP
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Beliebtheit bei Rechtsextremen kann für Modemarken zum Imageproblem werden - etwa bei Fred Perry und Lonsdale. Firmen wie Thor Steinar machen das Spiel mit einschlägigen Andeutungen zum Geschäftsmodell.

Es braucht oft nicht viel, um die falschen Kunden anzusprechen. Beim britischen Kleidungshersteller Fred Perry war es das Logo: ein Lorbeerkranz, der an den dreifachen Wimbledon-Sieg des Namensgebers in den 1930er-Jahren erinnern soll. Dieser Lorbeerkranz gilt als Hauptgrund, warum schwarze Polohemden von Fred Perry in den 1980er-Jahren zur Uniform britischer und später auch deutscher Skinheads wurden. Die Rechtsextremen sahen darin eine Anspielung an die Symbolik des NS-Reiches, in der das Hakenkreuz häufig von einem Lorbeerkranz umrandet war. So wurden Fred-Perry-Hemden von Neonazis auch nachträglich „veredelt“, etwa indem die in der Szene als Code verwendete Zahl „88“ in die Mitte des Lorbeerkranzes gestickt wurde (die Acht steht dabei für den achten Buchstaben des Alphabets, das „H“, und soll in der Verdoppelung „Heil Hitler“ symbolisieren).

„Damit fing für uns das Problem an“, sagte Fred-Perry-Marketingchef Richard Martin einmal gegenüber deutschen Medien. Normale Kunden wurden durch das Image der Marke als „Neonazikleidung“ zunehmend abgeschreckt. 1994 ging das Unternehmen pleite. Seither hat sich die Firma unter einem neuen Eigentümer wieder aufgerappelt. Entscheidend war dabei eine Imagekampagne. So achtete Fred Perry vor allem darauf, nur mehr in großen – politisch unverdächtigen – Kaufhäusern verkauft zu werden, um sich von der Naziszene zu distanzieren.


Anspielung an NSDAP. Eine ähnliche Abwehrstrategie verfolgte der britische Sportartikelhersteller Lonsdale. Er war bei Neonazis beliebt, da vom Markenschriftzug nur die Buchstaben „NSDA“ übrig blieben, wenn man eine Jacke über dem T-Shirt trug – eine Anspielung an die verbotene Partei des NS-Reichs. Für das Unternehmen brachte dies jedoch große Probleme mit sich. So führte die Popularität von Lonsdale bei Rechtsextremen dazu, dass etwa der Quelle-Versand im Jahr 2006 überlegte, die Marke aus seinem Programm zu nehmen.

Lonsdale konnte das nur durch seine aktiven Bemühungen, vom Neonazi-Image wegzukommen, verhindern. So kündigte die Firma Lieferverträge mit Geschäften, die vor allem von Rechtsextremen besucht werden, und unterstützte Organisationen, die sich für Immigranten oder Homosexuellenrechte einsetzen. In Holland, wo das Tragen von Lonsdale-Kleidung in vielen Lokalen und Schulen überhaupt verboten wurde, lancierte das Unternehmen eine Werbelinie mit dem Slogan: „Lonsdale liebt alle Hautfarben.“

Viele Rechtsextreme zeigten die von den Unternehmen gewünschte Reaktion – und ließen Lonsdale und Fred Perry zunehmend links liegen. Populär wurden in den vergangen Jahren daher vor allem Marken, die entweder eindeutig für die Klientel designed wurden oder sich zumindest gegen eine Vereinnahmung nicht wehrten. Besonders populär ist dabei die Marke Thor Steinar, die 2002 von der ostdeutschen Firma Mediatex auf den Markt gebracht wurde.

Laut dem Verfassungsschutzbericht des deutschen Bundeslandes Brandenburg dient Thor Steinar „als identitätsstiftendes Erkennungszeichen unter Rechtsextremisten“. Bei Thor Steinar meint man zu solchen Vorwürfen lediglich, dass man sich nicht dafür interessiere, wer die Kleidung kaufe. Ansonsten gibt man sich bei dem Unternehmen ziemlich zugeknöpft. Auf Anfrage der „Presse am Sonntag“ gab es zwar ein 45-minütiges Telefongespräch. Fragen nach der Mitarbeiterzahl oder dem Umsatz wurden dabei jedoch nicht beantwortet. Außerdem wurde eine Klage angekündigt, sollten Zitate aus dem Gespräch verwendet werden. Dass es sich dabei um keine leere Drohung handelt, sieht man auf der Homepage des Unternehmens. Auf dieser werden Urteile gegen verklagte Medien wie bei einer Trophäensammlung veröffentlicht.

Denn meist gewinnt Thor Steinar die Rechtsstreitigkeiten. Grund dafür ist, dass das Unternehmen geschickt mit Symbolen und Begriffen spielt, dabei aber immer im legalen Bereich bleibt. So findet sich in der aktuellen Kollektion – „passend“ zur Fußball-WM in Südafrika – etwa ein T-Shirt mit der Aufschrift „Suidafrikaanse Voortrekker“ (der Bezeichnung für die ersten weißen, holländischstämmigen Siedler Südafrikas). Daneben ist ein Radpanzer abgebildet, wie er vom (von den Nachfahren der Voortrekker politisch dominierten) südafrikanischen Apartheid-Regime in den 1980er-Jahren häufig verwendet wurde. Ob diese Bild-Schrift-Kombination nun eine positive Anspielung auf die Rassentrennung ist oder nur ein aussageloses T-Shirt, muss wohl jeder für sich selbst entscheiden.

Von Rechtsextremen dürften solche Anspielungen und die laut Verfassungsschutzbericht „völkische Symbolik“ – in der vor allem die nordische Mythologie und Runen gern verwendet werden – jedenfalls genau verstanden werden. Auch Reminiszenzen an den Zweiten Weltkrieg und die deutsche Wehrmacht kommen bei den Kleidungsstücken immer wieder vor. So sorgte vor einigen Jahren beispielsweise ein T-Shirt für Aufregung, auf dem die von der NS-Luftwaffe als Wunderwaffe angepriesene Messerschmidt 262 neben der Aufschrift „Flugschule“ abgebildet war. Auf ein anderes T-Shirt war ein Sturmgewehr aufgedruckt, darüber die Aufschrift „Hausbesuche“.

Kritiker des Unternehmens sahen bereits im Namen eine Anspielung an den SS-General Felix Steiner und im – inzwischen geänderten – Logo eine Anspielung an die Zeichen von verschiedenen NS-Organisationen. Vom Landesgericht Sachsen-Anhalt wurden jedoch beide Vorwürfe abschlägig beurteilt. „Die Jacke mag Anspielungen auf Symbole des Dritten Reichs enthalten. Das genügt jedoch nicht für eine Beschlagnahme“, heißt es in dem Urteil. Auf die Verwendung der norwegischen Fahne verzichtet das Unternehmen inzwischen jedoch, da Norwegen gegen die „widerrechtliche Verwendung von Hoheitszeichen“ protestiert hat.

Verkauft wird Thor-Steinar-Kleidung in elf Geschäften in Deutschland und zwei in Österreich – eines davon im historisch belasteten Braunau. Hauptvertriebskanal dürfte jedoch das Internet sein, das Unternehmen im Umfeld der rechten Szene in den vergangenen Jahren den Kontakt zu ihren Kunden sehr erleichtert hat. Kurzfristig sorgte im Vorjahr der Einstieg eines arabischen Investors bei der Mutterfirma Mediatex für Aufregung in der Szene. Boykottaufrufe im Internet waren die Folge. Diese dürften aber kaum gefruchtet haben.


Lukratives Geschäft. Für Thor Steinar dürfte das „Geschäftsmodell“ trotz aller Kritik in Medien und Öffentlichkeit sehr lukrativ sein. Die Gewinnspanne dürfte jener von Edelmarken entsprechen. Produziert wird die Kleidung entgegen früheren Aussagen nämlich nicht in Deutschland, sondern „im Ausland“ – aller Wahrscheinlichkeit nach in Asien, wie in der Textilindustrie üblich. Für die Käufer schlägt aber schon ein einfaches T-Shirt schnell einmal mit 40 Euro zu Buche. Ein Umstand, der in einschlägigen Foren auch bereits zur Kritik am zunehmenden „Konsumwahn“ in der Szene geführt hat.

Ob sich das Unternehmen nun politisch mit den Ansichten seiner Kunden deckt, kann zweifelsfrei nicht gesagt werden. Es führt seine Geschäfte aber auf jeden Fall nach dem Motto des römischen Kaisers Vespasian: „Geld stinkt nicht.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.09.2010)

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