Lokalkritik

Testessen im In-Dish, Grace und Tian

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Heute eine kulinarische Traumdeutung: Welchen Inder ich bräuchte. Welches Retro-Restaurant schön wäre. Und was Paul Ivic damit zu tun hat. Fortsetzung folgt.

Auf die Gefahr hin, für einen kulinarischen Träumer gehalten zu werden: Manche Hoffnungen gebe ich nicht auf. Als da heute in loser Reihenfolge wären: Ein smartes indisches Restaurant, das so ausschauen darf wie ein Fabios, einfach ein Stück London in Wien. Bis dieser nicht sehr originelle Wunsch realisiert wird, hole ich eine Take-away-Lieferung vom wirklich passablen und sonst optisch ­braven Restaurant In-Dish (lustig, nicht?). Murgh Malai schmeckt dank Kardamom, Nüssen und Muskat immer fein. Das Mutton Curry mit Lammfleisch gefällt wegen der Zimt-, Nelken- und Sternanis-Partie.

Der zweite Wunsch klingt schon ausge­fallener. Das Inhaberpaar des großartigen Grace hat mich daran erinnert. Für das Wochenende bietet es ein wirklich gutes, edles Menü an. Etwa ein unglaubliches Beef Wellington, das sehr blutig im Teigmantel kommt und nur gebacken werden muss. Beilagen und Co. werden mitgeliefert und simpel erwärmt, das Rahm-Wirsing-Kraut hat nicht zu wenig Rahm abbekommen, ist auch deswegen exzellent. Die Grace-Chefs haben vermutlich ein besseres Gerät als ich, mit den angegebenen Garzeiten würde ich sehr weichen Teigmantel essen. Aber ein paar Grad mehr und Turbohitze von allen Seiten – und ich habe dank des wunderbar altmodischen Gerichts Glücksgefühle.

Jetzt zum Traum: Ich stelle mir ein elegantes Brasserie-Lokal vor, etwa im alten Bankkassensaal im Park Hyatt. In dem würden Retroklassiker serviert werden. Kellner mit weißen Schürzen würden mit Wagen von Tisch zu Tisch gehen; Beef Tatar und Mayonnaisesalat je nach Wunsch mischen und abschmecken. Es gäbe natürlich Tafelspitz aus riesigen Suppenkanonen und Bratenbretter, von denen die schönsten Stücke gesäbelt würden. Aus dem Crêpes-Suzette-Wagen würden die Flammen schlagen, die Salzburger Nockerln wie die Wolken wogen. Schön wäre das. Attila Dogudan vielleicht oder Mario Plachutta?

Traum drei wird sich bis in das nächste „Schaufenster“ erstrecken: Er handelt von Paul Ivic, der mit seinem Tian Sterne und ­Hauben erkocht und noch dazu Tiroler ist. Sympathisch ist ein Hilfsausdruck – ich finde, er wäre der ideale Tiroler Landeshauptmann mit einer schwarz-grünen Regierung. Ab Ende der Woche gibt es hier eine schöne Menübox, die ihresgleichen sucht. Sie ist wie eine Mischung aus Kochkurs und Werkunterricht, also eine echte Prüfung des modernen Mannes. Wir beginnen mit sieben Gläschen und vielen Radicchioblättern, die ich gewissenhaft anrichte. Dazwischen habe ich ernsthaft eine Pinzette geholt. Und natürlich vorher desinfiziert. Nächste Woche geht es mit der ersten Fortsetzungsroman-Restaurantkritik der Weltgeschichte weiter. ­Und den Wünschen. 

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