Theaterkritik

Alle müssen allein auf die Bühne: "Black Box" im Volkstheater

Stimmen aus dem Kopfhörer: In „Black Box“ im Wiener Volkstheater ist jeder Besucher allein.
Stimmen aus dem Kopfhörer: In „Black Box“ im Wiener Volkstheater ist jeder Besucher allein. Volkstheater
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Wer das Theater vermisst, kann es als begehbare Installation erleben: mit „Black Box“ von Rimini Protokoll, der exakt getakteten Vorführung eines Sehnsuchtsortes.

Der Blick hinter die Kulissen: Das ist wohl eine der abgegriffensten Metaphern, und aus Peter Brooks Theatertheorieklassiker „The Empty Space“ zu zitieren ist auch schon fad. So beginnt man die Besichtigung der „Black Box“ im Volkstheater zart genervt, noch dazu, wenn man sich zusätzlich zur Maske Kopfhörer aufsetzen und Handschuhe anziehen muss. Und wenn dann noch die Stimme im Ohr erklärt, dass Theater mehr ist als Text, nämlich „Raum, Geruch, Adrenalin, Gemeinschaft“ . . .

Ja, das mag trivial sein. Das Spannende an „Black Box“ ist, dass all die naheliegenden Trivialitäten über das Theater ausgesprochen werden, aber nie banal werden.

Das liegt einerseits an der tatsächlichen Faszination der Illusionsmaschinerie Theater (und natürlich daran, dass man deren Wirkungen schon so lang entbehren musste), andererseits an der konsequenten Präzision, für die die deutsche Performance-Gruppe Rimini Protokoll zurecht berühmt ist (in Österreich spätestens seit ihrer Aufführung „Rebuilding The World“ beim Donaufestival 2015). Sie bieten eben keinen schlichten Rundgang mit Anekdoten, sondern setzen auf einen Kunstgriff: Der Besucher sei die Kamera, er filme die Dokumentation, wird ihm eingeredet. Bis er allmählich lernt: Er ist selbst Akteur, erst Regisseur, dann Schauspieler, schließlich Publikum. Der Rollenwechsel wird durch die exakte Taktung ermöglicht der einzeln, mit einem Anstand von fünf Minuten, durchs Haus geleiteten Besucher/Teilnehmer an, es kommt auf jede Sekunde an, damit der Effekt am Höhepunkt des Stücks (denn ja, das ist es) funktioniert: dass man quasi eine andere Version seiner selbst im grellen Licht sehen kann...

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