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Dieser Tesla singt traurige Lieder

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In Michael Almereydas Filmbiografie „Tesla“ schnappt Ethan Hawke als melancholischer Erfinder nach Götterfunken aus der Zukunft. Zu sehen auf Sky.

Letztes Jahr lief ein Film namens „Edison“ in unseren Kinos, der den sogenannten Stromkrieg zwischen dem berühmten Titelhelden und seinem Hauptkonkurrenten, George Westinghouse, neu aufrollte. Zwischen den Fronten bewegte sich darin auch Nikola Tesla, blieb jedoch nur eine Randfigur. Nun findet sich ein Komplementärwerk im Abo von Sky. Es heißt „Tesla“ und stellt den genialischen Erfinder aus Europa in den Mittelpunkt. Wobei Ästhetik und Erzählweise wie ausgewechselt sind – und dem Protagonisten angepasst: Wo „Edison“ voller Tatendrang voranpreschte, wählt „Tesla“ ein gemessenes Tempo. Wo dort die Energie unbändigen Unternehmertums zuckte, waltet hier intellektuelle Introspektion und sensible Stimmungsmalerei.

Verkörpert wird Tesla von Ethan Hawke. Mit Schnurrbart und Säuselstimme schwankt er durch seine Szenen: ein Schlafwandler im ewigen Gedankenrausch. Hawkes Performance ist reduziert, aber manieriert, und beides zu sehr, um bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Statt Teslas Lebensstationen abzuklappern, skizziert der Film Impressionen seines Werdegangs, angefangen mit seiner professionellen Trennung von Edison (Kyle MacLachlan): „Nichts blüht im Schatten einer Eiche.“

Nur: Schattig ist es ohnehin. Die Welt schwimmt in samtigem Halbdunkel, Tesla sehnt sich nach Aufklärung. Nur einer von vielen Verfremdungseffekten, mit denen US-Autorenfilmer Michael Almereyda sein Biopic auskleidet. Nach Stanley Milgram in „Experimenter“ (2015) widmet er sich bereits zum zweiten Mal einem getriebenen Forschertyp. Sein Tesla ist ein verschrobener Elektromystiker, der zum Wohle der Menschheit das Universum ergründen will. Beim Test seines berühmten Transformators blitzt es wie in Dr. Frankensteins Labor. Anderswo hüllen seine Experimente das Bild in verheißungsvolles Rot und berückendes Blau. Doch die profane Wirklichkeit verweigert sich dem zauberhaften Farbenspiel.

Elon Musk wäre das wohl zu spröde

Irgendwann laufen dem Visionär die Mittel aus. Dann trällert er trübselig Tears for Fears: „I can't stand this indecision / Married with a lack of vision.“ Idealismus und Kapitalismus, geht das zusammen? Fragt ausgerechnet Anne Morgan (Eve Hewson), Tochter des Großbankers und Tesla-Geldgebers J. P., die hier als platonische Freundin und kluge Kritikerin der Hauptfigur auftritt. Sowie einen allwissenden Metakommentar beisteuert – inklusive Google-Bildersuche via Laptop. Fotos von Elon Musk, dem Gründer des Unternehmens Tesla, spuckt selbige nicht aus. Dafür kommt Musks Traum vom direkten Draht zwischen Hirn und Computer indirekt zur Sprache. Der Film selbst wäre ihm wohl zu spröde, Hawkes Tesla nicht sexy genug.

Die Spannungsarmut ergibt aber durchaus Sinn. Es geh weniger um zügellose Kreativität als um ihre persönlichen und sozialen Schranken. Bleibt nur zu fragen: Was wäre, wenn? Wenn Tesla und Edison sich versöhnt hätten, statt den jeweils anderen zu meiden und zu beneiden, wie der Film in einer Szene imaginiert? Wenn die Welt wirklich bereit gewesen wäre für Teslas prophetische Techno-Fantastik, die auf viele seiner Zeitgenossen gewirkt haben muss wie Irrwitz und Science-Fiction? Almereyda lässt die Antwort offen. Für ihn hat schon der Versuch, Funken aus der Zukunft in die Gegenwart zu holen, höchste Anerkennung verdient.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.02.2021)

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