Lokalkritik

Testessen im Allreis, Plachutta und Tian

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Vom großartigen Montessori-Menü für Reiche über den Heringsschmaus zum bodenständigen Thailänder: Wir haben uns ganz langsam auf die Fastenzeit vorbereitet.

Beginnen Sie bitte beim zweiten Absatz zu lesen, wenn Sie den Rückblick überspringen wollen. In der vergangenen Kolumne habe ich begonnen, das großartige Menü des großartigen Gemüse-meisters Paul Ivic aus dem Tian zuzu­bereiten. Oder besser: zu drapieren. Aus mehr als 20 Gläsern bastle ich einen Viergänger.

Das Problem bei dem Radicchio, der Haferwurzel und der Haselnuss ist schlicht die Optik. Mir gelingt es einfach nicht, mittels künstlerischer Mise en Place fermentierte Dirndln und Radicchio-­Marmelade so zu legen, zu stapeln und zu setzen, wie es Ivic mit zwei Pinzetten­griffen macht. Bei mir wird rein optisch ein roter Bauernsalat daraus, Kochduell-Bruder Sepp Schellhorn würde ihn ­vermutlich mögen. Bei der ebenso roten Suppe gelingt das besser: Aufgekochte Rote-Rüben-Consommé auf einen kleinen Sockel aus Kirsch-Mus zu gießen kriege sogar ich hin. Beim Fixieren des Hauptgangs wünschte ich mir, ich hätte eine Montessori-Kindergarten-Ausbildung genossen: Es gilt, die unterschiedlich ­vorgegarten, teils vorgeflämmten Selleriespalten abwechselnd mit geröstetem Buchweizenmehl zu bestäuben oder pur zu lassen. Nach minutenlanger Ziselierarbeit lese ich in der Packungsbeilage, dass Perigord-Trüffel-Jus dazugegossen wird. Das fühlt sich ähnlich schmerzlich an, wie wenn die Meereswelle die kleinen Zinnen der eben fertiggestellten Sandburg wegschwemmt. Der schöne Unterschied: Dieser Jus, das Maggi der Reichen, schmeckt wie alles andere wunderbar. Den Wunsch bin ich noch schuldig: Sperrt das Tian auf, ich muss das in echt sehen.

An dieser Stelle könnte ich von intensiven Heringsschmaus-Erfahrungen berichten. Danke an Mario Plachutta! Auch für die reizenden, wunderbaren Kalbsbutterschnitzerl, die es jetzt zum Glück auch in der Wollzeile als Take-away-Option gibt.

Und ich muss noch einen (demnächst mehrere) Take-away-Innenstadt-Tipp anbringen: In der kleinen, verwunschenen Ballgasse hat ein guter Thai-Imbiss eröffnet, der nun liefern oder abholen lässt. Das Allreis bietet die üblichen Curry-Klassiker, aber auch wunderbar authentische Spezialitäten wie das Faschierte mit Thaibasilikum, das Pad Ka Prao Muu. Ich mag es gern bodenständig, auch in Thailand. Dazu bald mehr.

Allreis Bangkok Street Food. Ballgasse 6, 1010 Wien, Tel.: +43/(0)1/786 46 68

Plachutta. Woll­zeile    38, 1010 Wien, Tel.: +43/(0)1/512 15 77.

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