Armeniens Regierungschef bereit zu Neuwahlen

APA/AFP/KAREN MINASYAN
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Premier Paschinjan steht nach dem wochenlangen Konflikt mit Aserbaidschan und massiven Gebietsverlusten Armeniens in der Kritik.

Armeniens Regierungschef Nikol Paschinjan hat seine Bereitschaft zu Neuwahlen erklärt. "Lasst uns wählen und sehen, wessen Rücktritt die Menschen fordern", sagte der Ministerpräsident am Montag bei einer Versammlung tausender Unterstützer in der Hauptstadt Jerewan. Zuvor waren regierungskritische Demonstranten kurzzeitig in ein Regierungsgebäude eingedrungen.

Paschinjan gestand Fehler während des bewaffneten Konflikts mit dem Nachbarland Aserbaidschan im vergangenen Jahr ein. Doch nur das Volk könne entscheiden, "wer an der Macht bleibt", sagte er. Er sei bereit, den oppositionellen Parteien eine zweite Chance einzuräumen, ihn in einer Wahl zu besiegen. Paschinjan war 2018 nach friedlichen Protesten an die Macht gekommen.

In Jerewan gingen am Montag auch tausende Regierungsgegner auf die Straße, um Paschinjans Rücktritt zu fordern. Die Gruppe, die am Vormittag in ein Regierungsgebäude eingedrungen war, verließ dieses nach einer kurzen Protestaktion ohne Zwischenfälle wieder. Die Polizei habe nicht eingegriffen, hieß es.

Seit dem Waffenstillstand rumort es im Land

Seit der Unterzeichnung des von Russland vermittelten Waffenstillstands mit dem benachbarten Aserbaidschan im jahrzehntelangen Konflikt um Berg-Karabach im November ist Armenien in Aufruhr. Das Abkommen zwischen den verfeindeten Nachbarstaaten beendete mehrwöchige schwere Kämpfe, und hatte für Armenien bedeutende Gebietsverluste und den Verlust über die Kontrolle über Berg-Karabach zur Folge. Während der Kämpfe wurden nach Angaben beider Seiten etwa 6.000 Menschen getötet.

Paschinjan war 2018 an die Macht gekommen. Wochenlange Massenproteste führten damals zu einem friedlichen politischen Umbruch. Bei der ersten international als fair und frei bewerteten Wahl in der früheren Sowjet-Republik übernahm das aus der Protestbewegung hervorgegangene Bündnis Mein Schritt von Paschinjan mit absoluter Mehrheit ausgestattet die Macht. Die Republikanische Partei, die bis dahin seit 1995 die Machthebel in der Hand gehabt hatte, flog aus dem Parlament.

Präsident bemüht sich um Wogen-Glättung

Staatspräsident Armen Sarkisjan rief beide Seiten zur Zurückhaltung auf. Politischer Kampf dürfe die "Grenzen des Gesetzes nicht überschreiten", forderte das Staatsoberhaupt. Er dürfe nicht zu "Schocks und Instabilität" führen. Am Samstag verweigerte Sarkisjan die von Paschinjan geforderte Entlassung des Generalstabschefs der Armee, Onik Gasparjan.

Österreich reagierte beunruhigt auf die jüngsten Entwicklungen. Das Außenministerium äußerte sich in einem Tweet "sehr besorgt" über die Berichte. "Wir fordern alle Seiten auf, ruhig zu bleiben und sich in maximaler Zurückhaltung zu üben. Alle politischen Differenzen müssen im Dialog beigelegt werden", schrieb das Außenamt am Montag.

(APA/Reuters/dpa)

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