Ihre Meinung

Mitreden in der Coronakrise: Mehr Freiheit, weniger Datenschutz?

Die „heilige Kuh“ Datenschutz würde so mancher - auch mit Blick nach Asien - im Kampf gegen die Pandemie schlachten. Wie stehen Sie zum Thema Überwachung und Privatsphäre in Pandemie-Zeiten? Diskutieren Sie mit!

Ein einheitlicher "Grüner Pass“ für Geimpfte, Genesene und Getestete, der sowohl in Österreich als auch auf EU-Ebene diskutiert wird, könnte Erleichterung in der Coronakrise bringen. Zugleich wird hier wieder das Thema Datenschutz berührt: Es gibt große Bedenken zu einer Umsetzung via App. Aktivist Thomas Lohninger von der Plattform epicenter.works sagte etwa vergangene Woche in einer ORF-Diskussion: „Wenn das wirklich eine App ist, die als Zutrittskontrolle für Kino und Restaurants oder dafür, das Land zu verlassen, verwendet wird, dann wäre das ein Datenschutz-Super-GAU.“

In der Coronakrise wächst die Angst vor dem gläsernen Bürger. „Presse"-Feuilletonchef Thomas Kramar warnt in einem Leitartikel vor einer „Datenschutzpanik“. Denn aus vorhandenen Daten könnte man mehr über die Ausbreitung des Virus lernen – und daraus auch schließen, welche Lockerungen zu empfehlen sind. Kramar nennt ein Beispiel: „In Wien ging diese Abneigung so weit, dass man lange Zeit keinerlei Zahlen über das Infektionsgeschehen in den Bezirken bekommen konnte, mit dem Argument, man könnte daraus womöglich Material für Diskriminierung von Bevölkerungsgruppen destillieren.“  Gepaart seien die Datenschutzbedenken in Europa mit einer Skepsis vor der Pharmaindustrie. Dies führe auch dazu, dass Europa bei der Bekämpfung der Pandemie hinterherhinke, so Kramar. „Israel gibt den Unternehmen die persönlichen Gesundheitsdaten der Geimpften, und so etwas würden wir in der EU niemals machen“, meinte etwa Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in einem Interview.

„Die westliche Welt setzte aus Rücksicht auf die heilige Kuh des Datenschutzes fast ausschließlich auf Lockdown-Maßnahmen“: Darauf macht auch Querschreiber Karl-Peter Schwarzin seiner wöchentlichen Kolumne immer wieder aufmerksam. Ende vergangenen Jahres schrieb er in Hinblick auf die erfolgreiche Strategie asiatischer Staaten: „Jedes effektive digitale Tracking und Tracing verstößt unweigerlich gegen den Datenschutz, und weil das so ist, finden wir uns mit einem Lockdown nach dem anderen ab, während wir ohne Bedenken Cookies akzeptieren und in den sozialen Medien unser Inneres nach außen kehren."

Problematischer sieht gewisse Tendenzen in der Coronapandemie der Politologe Stefan Haderer: Er warnte schon im Herbst in einem Gastkommentar vor einem „Abgleiten in neue Staatsformen mit autoritären Tendenzen“ durch die Coronakrise.

Dass Viren keinen Datenschutz kennen, wissen wir jedenfalls auch. Wer aus Elga ausgestiegen ist, darf sich dennoch keine Gratis-Corona-Tests aus der Apotheke für zu Hause abholen - neben Freitesten und Co. ein weiterer kleiner Kritik-Punkt in der aktuellen Datenschutz-Debatten. Zurecht, wie Philipp Aichinger „Das ist kurios und bei der Bekämpfung der Pandemie kontraproduktiv“, kommentiert auch Philipp Aichinger. Neueste Entwicklung: Ein Verbraucherschutzverein will jetzt in einem Musterprozess gegen die Beschränkungen bei den Gratistests vorgehen.

(sk)

Diskutieren Sie mit: Ist es zulässig, im Kampf gegen die Pandemie  Abstriche beim Datenschutz und damit bei der Privatsphäre zu machen? Was können wir uns von asiatischen Gesellschaften abschauen? Und: Droht mit einer einheitliche App der „Datenschutz-Super-GAU"?

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