Sport mit Geschichte

Versöhnt mit dem eigenen Körper

Passend für eine Wintersportlerin liebt Jessica Diggins die Kälte. Bei der WM in Oberstdorf musste sie sich mit dem bayerischen Frühling arrangieren.
Passend für eine Wintersportlerin liebt Jessica Diggins die Kälte. Bei der WM in Oberstdorf musste sie sich mit dem bayerischen Frühling arrangieren. Sergei Bobylev / Tass / pictured
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Als Jugendliche besiegte US-Langläuferin Jessica Diggins die Bulimie. Heute gewinnt sie in den Loipen der Welt und möchte mit ihrer Geschichte Mut machen.

Für Jessica Diggins hielt diese Nordische WM in Oberstdorf eine besondere Herausforderung bereit: die milden Temperaturen. Aufgewachsen in einem Vorort von St. Paul/Minneapolis, Minnesota, der Metropolregion mit der niedrigsten Durchschnittstemperatur in den USA, bezeichnet sich die 29-Jährige selbst als „girl who loves being cold“. Im bayerischen Allgäu erwarteten sie jedoch die Vorboten des Frühlings. Stolz sei sie deshalb, schrieb sie in den sozialen Medien, dass „mein Kopf stärker war, als es heiß wurde, und mein Körper danach schrie, aufzuhören“. Wie viele andere Athleten lief Diggins ihre Rennen in den vergangenen Tagen in kurzem Shirt und kurzer Hose, den Wintereinbruch vor dem abschließenden Klassiker über 30 km (Teresa Stadlober wurde starke Fünfte) erlebte sie nur noch als Zuschauerin.

Der Hitze fiel auch ihr Kopfband zum Opfer, auf dem Diggins eine sehr persönliche Botschaft transportiert: „The Emily Program“, eine Organisation zur Behandlung von Essstörungen. Denn sie selbst litt als Teenager an Bulimie. Vor zwei Jahren ging die US-Amerikanerin mit der Geschichte ihres härtesten Kampfes an die Öffentlichkeit. „Meine Alles-oder-nichts-Einstellung war ein guter Charakterzug für den Sport, machte mich aber anfällig für eine Essstörung“, erzählte sie.

Irrglaube: Dünn ist erfolgreich. Heute ist Diggins die Frohnatur im Loipen-Zirkus. Doch als Jugendliche war auch sie von den Veränderungen ihres Körpers verunsichert, Druck und direkter Vergleich im Leistungssport ließen die Unzufriedenheit mit ihrer athletischen Figur wachsen. Als sie bei ihrer ersten Junioren-WM Teamkolleginnen den Fettrand vom Steak wegschneiden sah, nahm die Spirale ihren Lauf. „Das hat meinen Blick auf die Welt verändert. In meinem Schwarz-Weiß-Denken sah ich nicht, dass es verschiedene Körpertypen im Weltcup gab. Meine jungen Augen sahen nur die Dünnen gewinnen“, erinnert sie sich.

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