Theater

Luk Perceval seziert den Kummer von Belgien

(c) Michiel Devijver
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In Teil zwei einer Trilogie behandelt der flämische Regisseur Kollaboration und Widerstand in seiner Heimat im Zweiten Weltkrieg. An der Produktion ist das Landestheater Niederösterreich beteiligt. Uraufführung am 11. März im Online-Stream.

Die Presse: Ihre Dramen-Trilogie „Het verdriet van België" („Der Kummer von Belgien") hat denselben Titel wie ein Roman Ihres Landsmanns Hugo Claus von 1983, in dem es um die Nazis geht und den belgischen Widerstand. Die Farben der Flagge, Schwarz, Gelb und Rot, von denen jeweils eine einem Ihrer Stücke zugeordnet wird, erinnern an die Film-Trilogie von Krzysztof Kieślowski, der in „Drei Farben" Frankreichs Nationaltugenden abhandelte. Sind die Parallelen beabsichtigt?

Luk Perceval: Ja, beides hat mich beeinflusst. Hugo Claus ist in Gent, wo ich diese Trilogie schaffe, eine bedeutende Persönlichkeit. Er stammt aus der Nähe der Stadt. Viele seiner Werke sind auch hier kreiert worden. „Der Kummer von Belgien" lag als Frage seit Jahren auf meinem Tisch – ein Stück über unsere Geschichte. Mir hat aber der Bezug zur Gegenwart gefehlt. Da schlug unser Dramaturg den Titel „The Sorrows of Belgium" vor, bei dem Schwarz für die belgische Vergangenheit im Kongo, Gelb für die Zeit der Kollaboration im Zweiten Weltkrieg und das geplante Stück Rot für das aktuelle Problem der IS-Kämpfer hier bei uns steht. Unverhältnismäßig viele haben sich in Belgien dem Islamischen Staat zugewandt. Jetzt haben wir bereits zwei Teile der Trilogie anhand von historischem Material fertig.

Wie altmodisch sind historische Stücke?

Es gibt noch viel, was die belgische Öffentlichkeit zur Aufarbeitung der Vergangenheit braucht. Denken Sie an die 20 Millionen Skelette in den Massengräbern im Kongo. Im Schulunterricht wird das nur so nebenbei gebracht. Ich – Jahrgang 1957 – gehöre noch einer Generation an, die davon in der Schule gar nichts hörte. Nachdem unsere Kolonie 1960 unabhängig wurde, hat man uns beigebracht, dass wir die Afrikaner bekehrt und zivilisiert haben. Es wurde kein Bewusstsein dafür geschaffen, welche belgischen Grausamkeiten dort zuvor passiert sind.

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